Grenzstein aus dem Hospitienwald - Alter Standort

Euren, Stadt Trier

Beschreibung
Nach Rücksprache mit dem Grundstücksbesitzer wurde der Stein 2023 von Lothar Zimmer geborgen und dem Freilichtmuseum Roscheider Hof in Konz übergeben. [s. Datensatz: "Grenzstein aus dem Hospitienwald - Neuer Standort"] [Red.]

Beschreibung:
Grauer Sandstein, 65 x 35 x 10 cm. Der obere Rand, beschädigt.
Inschrift: S:T: Kreuz in Kreis: C
S Herz mit Kreuz A
Leiter Krummstab
Auf der rechten Seite des Grenzsteins ist die Ziffer 28 eingraviert.

Versuch einer zeitlichen Einordnung und Deutung der Beizeichen
Herr Lothar Zimmer, wohnhaft in Köln und in Sirzenich, erinnert sich, dass der farbig gefasste (weiß, grün, bläulich) Grenzstein in den sechziger bis in die achtziger Jahre in der Nähe des trigonometrischen Punkts 373 "Mohrenkopf" stand. Beim Bau des Wasserwegs und bei den Rodungsarbeiten im Hospitienwald mit schwerem Gerät wurde er vermutlich aus der Erde gerissen; dabei leicht beschädigt und womöglich vom Ursprungsort entfernt. Herr Zimmer richtete ihn am Fundort wieder auf; nach einiger Zeit war er wieder umgestürzt. Daraufhin nahm ihn Herr Zimmer im Sommer 2020 in seine Obhut und übergab ihn am 18.04.2023, begleitet vom Hospitiendirektor Tobias Reiland, dem Freilichtmuseum Roscheider Hof. Er verbleibt im Besitz der Vereinigten Hospitien. Nach der Aufhebung der Trierer Klöster legte Napoleon 1804 deren Grundbesitz zusammen zu den Vereinigten Hospitien, einer Einrichtung zur Kranken- und Armenpflege der Stadt Trier. Diese Stiftung öffentlichen Rechts ist heute noch im Besitz des Waldes, in dem sich der Grenzstein befand.

Gemeinsam haben Lothar Zimmer und ich versucht, die Beizeichen zu entziffern. Hier der derzeitige Forschungsstand samt der noch offenen Fragen.

Die Buchstaben CSA stehen offensichtlich für das Kartäuserkloster Sankt Alban (Cartusia ad Sanctum Albanum), ursprünglich in Trier, dann in Konz: Cartause Sankt Alban.

Vom 15.6.2021 stammt der erste Hinweis auf das Kartäuserkloster vom Hospitiendirektor Reiland: "Ich hatte gestern ein Gespräch mit Herrn Mettlach, der historisch sehr interessiert ist. Er wies darauf hin, dass das Kreuz im oberen Bereich durchaus ein Kartäuserkreuz (1) sein könne":
Das O mit eingeschriebenem Kreuz ist ein vereinfachtes Kartäuserzeichen – eigentlich ein Lateinisches Kreuz über einer Weltkugel. Es illustriert den Wahlspruch der Kartäuser: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht).

In Euren war neben anderen Klöstern auch der Ordo Carthusiensis (benannt nach dem ersten Kartäuserkloster "Chartreuse") begütert. Der Gründer des Klosters, Kurfürst Balduin, kaufte 1331 Land um die Kapelle Sankt Alban in Trier herum von der Benediktinerabtei Sankt Matthias zur Gründung des Kartäuserklosters. Durch kriegerische Auseinandersetzungen wurde die Kartause immer wieder zerstört. Kam es 1680 nach einem Tausch mit Sankt Irminen, das Hoheitsrechte in Merzlich (Konz-Karthaus) besaß, zur Neugründung der Kartause Sankt Alban außerhalb von Trier.

H.J. Kann, beschreibt einen Grenzstein (2), den er 1992 im Eurener Wald aufgenommen hat, der dem unsrigen sehr ähnlich sieht; er trug an unbestimmter Stelle die Nr. 23: Radkreuz, Herz (Jesu) mit Kreuz, C(onventus) S(anct) A(lban), Abtsstab überkreuzt mit Leiter. Der merkwürdigen "Haken" an dieser Leiter erklärt sich von unserem Stein aus als ein S. Eine Deutung der Leiter und der Buchstaben S T in der linken Ecke oben liefert Kann leider nicht.

Was bedeutet das Herz mit Kreuz?
Die Kartäuser-Mönche sind bekannt für ihre Herz-Jesu-Verehrung: "Am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit waren die Kölner Kartäuser die wichtigsten Förderer der Herz-Jesu-Verehrung." (3).

Was aber symbolisiert die "Leiter" überkreuzt vom Krummstab?
Die "Himmelsleiter" führt zur Kapelle auf dem Markusberg. Zu dem Grundbesitz der Vereinigten Hospitien gehört von Anfang an das Sankt-Jakobs-Hospital, das wohl auf die Gründung der Sankt-Jakobus-Bruderschaft der Schöffen zum Unterhalt städtischer Arme gegen Ende des 12. Jahrhunderts zurückgeht. Aber Patron des "Jakob-Spitälchen" ist der Apostel Jakobus, nicht der alttestamentliche Patriarch Jakob, der im Traum die Himmelsleiter sah, auf der Engel auf- und niederstiegen (Gen 28, 12ff).

Der Krummstab irritiert: Das Kartäuserkloster war keine Abtei; Vorsteher war ein Prior. Trug er einen "Abts Stab"? Oder bezeichnet der Krummstab als Beizeichen allgemein ein klösterliches Territorium?

Was bedeuten die Buchstaben links S:T und rechts : C?
Ein Deutungsversuch, lies: Sarre, Trèves, comune, eingemeißelt in napoleonischer Zeit. Oder kennzeichnet es die neue Zugehörigkeit des Waldes zu Sirzenich bzw. zu Trierweiler? Zu Napoleons Zeiten kam Trierweiler zur Gemeinde Sirzenich, wurde nach 1817 wieder selbstständig. Statt einen neuen Stein zu setzen, wurde das T eingemeißelt: ein Doppelpunkt statt durchgestrichen! Dazu könnte die Ziffer 28 auf der rechten Seite passen, wenn sie nachträglich eingemeißelt wurde. Allgemein wird das C aber als zur alten Inschrift gehörig betrachtet: cartusia Sancti Albani.

Auch wenn noch Fragen offenbleiben, zumindest sind die eingemeißelten Zeichen ein Siegel darauf, dass der Grenzstein vor 1794 errichtet wurde! [4]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Marken und Male / Vermessung
Zeit:
Vor 1794
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.599168
lat: 49.750884
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Eurener Wald bei der Hohmark

Internet
http://www.euren.de/

Datenquellen
(1) Simon Mewes, Ein Grenzstein erzählt. Zur Geschichte des Kartäuserklosters in Trier, http://journals.uni-heidelberg.de, 2012, S. 71 „Die früheren Steine der Kartäuser haben eine Reihe von Beizeichen (die Buchstaben S A für den Konvent St. Alban in Trier, das Herz Jesu mit darüberstehendem Kreuz, Abtsstab und Leiter)“.
(2) H.J. Kann, Zwölf beschriftete Grenzsteine aus dem Kreis Trier-Saarburg aus dem 17.-19. Jahrhundert, in: Trierer Petermännchen 17/18, 2002/04
(3) Seite „Heiligstes Herz Jesu“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. August 2023, 08:14 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heiligstes_Herz_Jesu&oldid=236069124 (Abgerufen: 8. August 2023, 08:01 UTC)
(4) Hans-Georg Reuter und Lothar Zimmer, 2023.

Bildquellen
Bild 1: © Lothar Zimmer, Trierweiler-Sirzenich und Köln, 2023.
Bild 2: © Lothar Zimmer, Trierweiler-Sirzenich und Köln, 2023.

Stand
Letzte Bearbeitung: 08.08.2023
Interne ID: 52435
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=52435
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