Sankt German ad undas (1)

Ehemalige Pfarrkirche Sankt Germanus
Feyen/Weismark, Stadt Trier Pellinger Straße 3

Beschreibung
Notizen zur Kirche Sankt Germanus ad undas
Von Thomas Neusius

Am südlichen Ortsausgang von Sankt Medard findet man die ehemalige Pfarrkirche Sankt Germanus. Diese trägt oft den Beinamen "in undis" (lat.: in den Wellen) oder "ad undas" (lat.: bei den Wellen), was der Volksmund im Deutschen zum ähnlich klingenden "Beim Hund" machte. Georg Christoph Neller führt dies auf die Sturzbäche zurück, die in der Gegend der Kirche zur Mosel fließen. Gut möglich wäre aber ebenfalls, daß der Name vom damaligen Verlauf der Mosel herrührt, die nah an Sankt Germanus vorbeigeflossen ist und dort wegen des höheren Wasserstandes Wellen warf.

Ursprünglich stand an der Stelle der Kirche ein Jungfrauenkloster, das 1269/70 von Heinrich II. von Finstingen unter demselben Namen Sankt Germanus in die Neustraße verlegt wurde, da die Nonnen dort eine sicherere Wohnlage hatten. Noch heute zeugt der Name der Germanstraße davon. Nach einiger Zeit hatte das Jungfrauenkloster allerdings ernsthafte Nachwuchsprobleme, einige der noch anwesenden Schwestern verließen das Kloster, und auch die sittliche Ordnung wurde stark vernachlässigt. Aufgrund dieser Probleme übertrug Erzbischof Johannes II. von Baden das Kloster am 20. März 1477 der Abtei Sankt Matthias, die dafür sorgen sollte, daß in Sankt Germanus regelmäßig die Messe gelesen und für den Unterhalt der noch verbleibenden Nonnen sorgen aufkommen würde. Allerdings wurden schon nach kurzer Zeit Weltpriester in das Kloster geschickt, die von Erzbischof Johannes II. mit der Errichtung einer Schule beauftragt wurden. Im folgenden Jahrhundert waren für kurze Zeit Jesuitenpatres in Sankt Germanus, die von Erzbischof Johannes von der Leyen unter Absprache mit den ebengenannten Geistlichen dorthin geschickt worden waren. Erzbischof Jacob III. von Eltz gab Sankt Germanus 1570 an Minoritenbruder des heiligen Franziskus weiter, die dafür ihr Kloster den Jesuiten zur Verfügung stellten, da dies für die Errichtung einer Schule besser geeignet war.

1801 fiel das kurtrierische Land an Frankreich, die Klöster wurden durch
den Säkularisationsbeschluß 1802 aufgehoben. Aus den Pfarrgemeinden von Sankt Germanus und Sankt Medard wurde 1803 die Pfarrei Sankt Matthias gebildet, die Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche. Damit ist die Geschichte von Sankt Germanus als Pfarrgemeinde beendet.

Die Kirche Sankt Germanus ad undas wurde von einem Trierer Bürger ersteigert und von ihm zu einem Wohnhaus umgebaut. 1848 wurde das Haus wieder in eine Kapelle umgewandelt.

Zur Pfarrei von Sankt Germanus gehörten Teile von Feyen – soweit sie der
Rechtsprechung von Sankt Irminen unterstanden, da die Pfarrei von je her der Abtei Sankt Irminen inkorporiert war –, ein Stück von Heiligkreuz und das Dorf Merzlich hinter Karthaus. Der Pfarrer von Sankt Germanus wohnte in der Stadt, da die Einkünfte der Pfarrei nicht für ein Haus außerhalb der Stadt ausreichten.

[...]

Letztlich stellt sich noch die Frage, nach welchem heiligen Germanus die Kirche eigentlich benannt ist. Für Georg Ch. Neller – wie für viele der Bewohner von Sankt Germanus – scheint klar zu sein, daß es sich hier um den heiligen Germanus von Auxerre handelt. Er wurde 378 geboren und 418 zum Bischof von Auxerre geweiht. Sein einziger bekannter Bezug zu Trier ist seine Reise mit Bischof Severus von Trier nach England. Dort wollten die beiden Bischöfe die pelagianische Häresie bekämpfen. Der Heilige starb am 31. Juli 448 in Ravenna. Christoph Brower und Jacob Masen (bzw. ihr Herausgeber Christian von Stramberg) stellten erstmals eine anderslautende Version vor: Ihrer Meinung nach handelt es sich beim Patron der Kirche um Sankt Germanus von Granfelden (Moutier-Grandval bei Delémont, Schweiz). Die Autoren griffen zur Erschließung dieses Germanus auf eine Biographie von Bobolenus, einem Zeitgenossen
des Germanus, zurück.

Nach dieser Vita entstammte der um 612 geborene Germanus einer Trierer
Senatorenfamilie. Nach der Erziehung durch den Trierer Bischof Modoaldus
(614/25-643/647) entschied er sich mit 17 Jahren dazu, Mönch zu werden. In Luxeuil zum Priester geweiht, wurde er vom dortigen Abt nach Granfelden geschickt. Im Jahre 6757 trieb dort der neue Landesherr Cathicus sein Unwesen. Germanus ging am 21. Februar zu ihm und ermahnte ihn, in Zukunft die Verfolgung Unschuldiger zu unterlassen. Auf der Rückkehr von diesem Gespräch wurde Germanus bei Rennendorf erschlagen.

Die Autoren führen als Argumente für den hl. Germanus von Granfelden
vor allem seine engere Beziehung zu Trier an. Sie vermuten: "Daß die an diesem Ort einst blühende Erinnerung an den heiligen Germanus aus Trier von hierhin gekommenen Franziskanern zur Erinnerung an den heiligen Germanus von Auxerre gemacht wurde, ob irrtümlich oder mit Absicht sei einmal dahingestellt.

Ein weiterer Grund, anzunehmen, daß Sankt Germanus von Granfelden der
richtige Germanus ist, besteht in seiner besonderen Verbindung zu Sankt Irminen, auf deren Grundherrschaft im Trierer Tal Sankt Germanus erbaut wurde. Nach neueren Forschungsergebnissen ist anzunehmen, daß Modesta, die erste Äbtissin von Sankt Irminen, eine Bekannte des Trierer Bischofs Numerianus (643/47-670/97) gewesen und Sankt Irminen als eine Gründung einer Trierer Senatorenfamilie zu betrachten ist. Der genannte Bischof Numerian ist niemand anders als der Bruder des heiligen Germanus. Und nun liegt die Vermutung nahe, daß sich der Einfluß der römischen Gründerfamilie und die enge Verbindung Numerians zu Sankt Irminen in der Benennung der Kirche ad undas bemerkbar gemacht hat und als Patron sein heiliger Bruder bedacht und verehrt wurde. Schließlich sollte man aber noch einmal betonen, daß es sich hierbei um eine Vermutung handelt. Eindeutige Beweise für die eine oder die andere Version liegen bisher nicht vor. [1]

Katholische Kapelle St. Germanus; zweiachsiger Saalbau mit Giebeldachreiter, Umbau 1848, Wiederherstellung 1948; bei der Sanierung 1988/89 römischer Estrich und römisches Mauerwerk im Aufgehenden nachgewiesen. [2]

Profaniert. [3]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Kapellen
Zeit:
13./14. Jahrhundert
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.627464
lat: 49.729003
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Auf der Grucht bei der Kieselkaul

Internet
http://spider.iwr.uni-heidelberg.de/~tneusius/pers/pdf_verw/Germanus.pdf

Datenquellen
[1] Thomas Neusius http://spider.iwr.uni-heidelberg.de/~tneusius/pers/pdf_verw/Germanus.pdf
[2] Denkmalliste der Generaldirektion Kulturelles Erbe, Rheinland-Pfalz; 2010.
[3] Seite „Liste profanierter Kirchen im Bistum Trier“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. Juni 2023, 21:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Liste_profanierter_Kirchen_im_Bistum_Trier&oldid=234994710 (Abgerufen: 1. Juli 2023, 09:17 UTC)

Bildquellen
Bild 1: © Helge Rieder, Konz, 2018.
Bild 2: © Helge Rieder, Konz, 2004
Bild 3: © Sebastian Schritt, Trier, 2010. http://www.flickr.com/photos/trier51/
Bild 4: © Helge Rieder, Konz, 2018.
Bild 5: Internet
Bild 6: http://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/100274

Stand
Letzte Bearbeitung: 24.12.2022
Interne ID: 11108
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=11108
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