Siedlung Zurlauben

Trier-Nord, Stadt Trier Zurlaubener Ufer

Beschreibung
Die Geschichte Zurlaubens ist uralt. Nachweislich beginnt sie um 30 v. Chr.. 1884 wurde bei Bauarbeiten auf dem Grundstück des Peter Schwarz (heute Hausnr. 70) in einer Tiefe von 1,5 m eine steinerne Aschenkiste gefunden. In ihr fanden sich neben der Asche des Verstorbenen ein Bronzespiegel, ein Silberdenar von L. Rustius [Bild 1] und Mittelbronze aus der Kaiserzeit Augustinus (ab 27 v. Chr.). Die Aschekisten blieben bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts. In Gebrauch, ab da tritt – auch aus religiösen Gründen - an Stelle der Verbrennung die Erdbestattung. [1]

Wohl aus dieser Zeit stammend wurde 1863 im Garten des Herrn Mettlach in etwa 50 cm Tiefe im angeschwemmten Sand ein weibliches Gerippe gefunden. Der Kopf war nach Osten gerichtet, die Arme am Körper entlang gestreckt. Als Liebesgaben waren außer einem Teller auf der Brust 2 einhenklige Tonkrüge römischer Art beigegeben. [2]

Wiederum etwa 300 Jahr später gründete der heilige Modoald, Erzbischof von Trier (622-640) aus eigenen Mitteln unterhalb von Sankt Martin das Frauenkloster Sankt Symphorian. Es wurde dem heiligen Symphorian geweiht (* in Autun/Frankreich, ✝ um 178 in Autun, Symphorianus = der Nützliche). Er war ein christlicher Märtyrer, der im frühen Mittelalter sehr verehrt wurde. Erste Äbtissin wurde seine Schwester Severa, die später heiliggesprochen wurde. Das Kloster bestand jedoch nur etwa 250 Jahre. Im Jahr 882 ging es im Normannensturm unter. Die Sage berichtet, dass die 30 Nonnen bei Annäherung der Horden am Grabe des heiligen Modoaldus unter Tränen um Rettung flehten vor den tierischen Misshandlungen am Frauengeschlecht, die den Nordmännern nachgesagt wurden. Während der 30 Tagen des Gebetes hat Gott dieselben alle der Reihe nach durch schnellen Tod zu sich genommen.

So entvölkert ist das Kloster mit der Kirche und den Einkünften nach Abzug der Normannen dem Kloster Sankt Martin, 1004 an das Stift Sankt Paulin übergeben worden. Die Klosterkirche kam zu Sankt Martin und wurde zeitweise als Pfarrkirche für die Gemeinden Sirzenich und Lorich benutzt. 1057 und 1393 wurde sie noch als Pfarrkirche erwähnt. Die Reste wurden 1665 beseitigt. Ein Gedenkkreuz vor dem Haus Nr. 89 erinnert an das Kloster.

Ob und welche sonstige Bebauung damals bestand, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Aber bereits 1261 wird ein Haus "zur Lauffen" bezeugt. [4] 1283 wurde die Ansiedlung als "zur Löve" genannt. Löve oder hochdeutsch Laube bezeichnet einen offenen Gang am oberen Stockwerk des Hauses. In der Stadt Trier gab es im 15. Jahrhundert ebenfalls in der Walramsneustraße ein Haus "zur Leuben" und in der Simeonstraße ein Haus "Zu der Leuben". Die Häuser in Zurlauben waren bewohnt von Fischern, Schiffern und Gärtnern. [5]

1330 wurde ein Fischer aus der Pfarrei Sankt Symphorian genannt, der sein Haus dem Hospital der Abtei Sankt Maximin geschenkt hatte. [6]

Es waren wohl alles Holzhäuser, denn 1522 ließ Erzbischof Richard vor Ankunft des Franz von Sickingen die vor der Stadt liegenden Ansiedlungen Zurlauben und Maar niederbrennen, um dem Gegner jede Operationsbasis in der Umgebung der Stadt zu nehmen. [7]

1548 standen in Zurlauben, nach einer alten Stadtansicht, nur 5 Häuser direkt am Ufer.

Durch eine Urkunde vom 8.3.1658 wurde im Streit um Weiderechte zwischen den Einwohnern "zur Leuben" und dem Konvent des Klosters Sankt Marien zu Gunsten des Klosters entschieden. [8]

1624 hatten einige Trierer Bürger Eigentum in Zurlauben:
Tamia Ortmann, Witwe, wohnte am Markt und hatte Gärten in Zurlauben
Niklas Poelig, Bäckeramt hatte 2 Gärten "bei den Leuben"
Jakob Nuesburg, Weißgerber, hatte Gärten in Zurlauben [9]

Anfang Januar 1674 wurden die bis dahin wieder errichteten Häuser auf Anordnung der französischen Besatzung in Zurlauben und der Straß Paulin wieder niedergelegt, um freies Schussfeld zu haben. Nach Abzug der Franzosen wurden alle Häuser aber nach und nach im Charakter der Barockzeit wieder aufgebaut. Das heute älteste Haus ist das Haus Nr. 89, das auf 1719 datiert ist. Die anderen Häuser wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts neu auf- oder umgebaut, als Napoleon die Flächen der Abteien säkularisierte und den Anwohnern verkaufte. Bei den Neubauten wurden moselseitig Gärten mit Lauben angelegt, die mit einer Mauer als Hochwasserschutz abgeschlossen wurden.

1727 erbauten die Zurlaubener sich eine Kapelle, die dem heiligen Nikolaus geweiht war. Sie gehörte zur Pfarrkirche Sankt Walburga neben Sankt Paulin. Die Zurlaubener scheuten jedoch den weiten Weg nach Paulin und beteten lieber in ihrer Kapelle. Das missfiel 1737 den Pastor Weich, er untersagte das Lesen der heiligen Messe. [11]
1934 mit der Verbreiterung der Lindenstraße auf die Brücke wurde die Kapelle abgerissen.

1733 begehrten die Zurlaubener für ihre Kinder, die bis dahin die Schule des Stiftes Paulin besucht hatten, ein eigenes Schulhaus zu halten. Das wurde anfangs abgelehnt, aber bald darauf bewilligt und die Schule wurde auf der Fläche des heutigen Georg-Schmitt-Platzes gebaut. (siehe Bild 2 rechts), sie hatte die Haus-Nr. 2 Zurmaienerstraße. Sie wurde mit der Umgestaltung des Platzes für den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Brücke mit 3 weiteren Häusern abgerissen. Die Schule wurde zwischen der Zimmerstraße und der Zurmaiener-Straße neugebaut, aber mit dem Bau der neuen Umgehungsstraße wieder abgerissen. [11]

Um 1777 wollte die Abtei Sankt Martin um ihren Abtsgarten eine Mauer errichten. Dieser reichte bis zur Lindenstraße, die Mauer hätte den Weg vom Martiner-Tor in der Stadtmauer durch die heutige Merianstraße nach Zurlauben abgeschnitten. Dagegen wehrte sich das Pauliner Stift als Herr des sich daran anschließenden Gebietes und forderte oben und unten in der Mauer ein Tor damit die Trierer Bürger, ohne Umweg über die Lindenstraße, zu Fähre und in das Gebiet ihrer Hochgerichtsbarkeit gelangen konnten. Der Streit kam zu einem Prozess, dem sich der Bürgermeister und Einwohner von Zurlauben anschlossen. Sie fürchteten, dass bei Verlegung des Weges der Besuch ihrer Gastwirtschaften erschwert werde. Das Urteil ist nicht überliefert. Der Vorfall zeigt jedoch, welchen Wert der Gastronomie damals bereits zugemessen wurde. [12]

1783 hatte die Abtei Sankt Martin einen Fährmann "zur Leuben", der die Benutzer von der Moselinsel, die über einen Steg erreicht wurde, nach Pallien übersetzte. Mit dem Neubau der Kaiser-Wilhelm-Brücke wurde der Fährbetrieb am 13. Oktober 1913, einen Tag vor Einweihung der Brücke, eingestellt.

1785 bestimmte die Satzung der Fischerzunft, dass sämtliche Fischer in der Nähe des Wassers in Sankt Medard, Sankt Barbara und Zulauben zu wohnen haben. Das Amtshaus stand aber in der Stadt. Die Fische dürfen nur auf dem Markt (Stände am Fischbach) verkauft werden, nach 10 Uhr aber auch auf den Straßen und sonstigen Winkeln. [10]

1801 hatte die Gemeinde Zurlauben 193 Einwohner und etwa 34 Häuser. Von den Hausbesitzern waren 6 Wirte, 9 Fischer/Schiffer und 10 Gärtner. In den moselseitigen Grundstücken und Lauben hatten die Wirte – wie heute noch – ihre Außengastronomie. Hier wurde bei einer Porz Viez oder einem Glas Wein der gebackene Moselfisch verzehrt. So z.B. in der großen Laube, die heute dem MGV Zurlauben gehört und damals zur Gastwirtschaft "Zum Goldenen Karpfen" gehörte (heute Haus-Nr. 82).

1827 war die Gemeinde Zurlauben ganz schuldenfrei. Das weckte Begehrlichkeiten bei der Stadt und so wurden am 1.4.1888 neben den Vororten Löwenbrücken, Maar und Sankt Paulin auch Zurlauben in die Stadt Trier eingemeindet. [13]

Die Bebauung mit den damaligen Hausnummern zeigt Bild 3.

Wie es um 1890 in Zurlauben ausgesehen hat, ist mit einem Vergleich zu heute im Bild 2 zu sehen. Die rot umrandeten Gebäude sind heute nicht mehr vorhanden. Das Haus links und die Lauben sind beim Bau des Hochwasserschutzdammes um 1930 abgerissen worden. Das 2. Haus von links wurde für die Verbreiterung des Fußweges vom Maar (heute Bleichstraße) entfernt. Die Häuser ganz rechts (alte Schule und Gemeindehaus) wurden um 1912 abgerissen, in der Mitte oben ist noch die die Nikolauskapelle zu sehen. Rechts in der Mitte ist der Steg über den Mühlenbach der Martinsmühle zur Moselinsel und die Fähre zu sehen.

Auf dem heutigen Bild ist ganz rechts die Auffahrt auf die Kaiser-Wilhelm-Brücke und darüber die Häuser Martinsufer 4-7 (Denkmalzone) und Merianstraße 19-25 zu sehen. Die Häuser wurden ab 1921 für Offiziere der französischen Besatzer erbaut.

Jürgen Bier, Trier, 2022.

Einordnung
Kategorie:
Archäologische Denkmale / Siedlungswesen / Siedlungen
Zeit:
13./14. Jahrhundert
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.635048
lat: 49.764898
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Nord

Datenquellen
[1] Die römischen Steindenkmäler des Provinzialmuseums zu Trier, Hettner, 1893.
[2] Gesellschaft für nützliche Forschung, Trier, 1863.
[3] Geschichte des Erzstiftes Trier, Marx, 1860.
[4] Die Straßennamen der Stadt Trier, Zens, 1961.
[5] Kurtrierische Städte, Trier, 1915.
[6] Germania Sacra, St. Maximin, Resmini.
[7] Die Belagerung Trier durch Franz von Sickingen 1522, Kentenich, 1910.
[8] Urkunde im LHA in Koblenz.
[9] Trierer Bürgerschaft zu Beginn und Ende des 30j Krieges, Kentenich.
[10] Kurtrierische Städte, Trier, 1915.
[11] Die Geschichte des hl. Paulinus bei Trier, Schmitt, 1853.
[12] Die Entstehung der städtischen Anlagen, Schäfer 1906.
[13] Der Stadtkreis Trier, Kentenich, 1913.

Bildquellen
Bild 1: Silberdenar L.Rustius Rückseite, Internet
Bild 2: Oben: Ausschnitt aus einer Postkarte von 1890. Unten: Jürgen Bier, 2022.
Bild 3: Ausschnitt aus dem Stadtplan 1832, Genehmigung Stadtarchiv Trier.
Bild 4: Juliana Fabritius Dancu, 1984.
Bild 5: Juliana Fabritius Dancu, 1984.

Stand
Letzte Bearbeitung: 19.07.2022
Interne ID: 11114
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=11114
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