Sogenanntes Dreikönigenhaus

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Simeonstraße 19

Beschreibung
1680 als Gasthaus Zu den drei Königen und als Dreikönigsturm überliefert, früher Haus zur Säule genannt.

Spätromanisches, um 1220 errichtetes, wohnturmartiges Patrizierhaus mit prächtiger Fassade, die seit dem 15. Jahrhundert mehrfach verändert wurde. 1938 erfolgte unter dem städtischen Konservator F. Kutzbach eine rekonstruierende Wiederherstellung des vermuteten ursprünglichen Zustandes der Fassade mit einer getreppten Schirmwand vor dem Satteldach. Damals wurde auch das heute noch bestehende, schlichte Schaufenster mit den beiden seitlichen Eingängen geschaffen. Nach Kriegsbeschädigung 1944 wiederhergestellt. 1973 erhielt die Fassade eine Farbfassung nach dem 1938 freigelegten Originalbefund.

Die untere Hälfte der über 22 Meter hohen Fassade ist von Lisenen gegliedert und endet mit einem Rundbogenfries. Sie reicht bis zur Traufhöhe der benachbarten dreigeschossigen Häuser. Das untere Hauptgeschoß im Hochparterre markieren drei gekuppelte Zwillingsfenster; in der rechten Achse wurde das hochliegende, ursprüngliche Außenportal wiederhergestellt. Das zweite Hauptgeschoß setzt die untere Wandfeldereinteilung durch eine vierteilige, über einer Mittellisene ansetzende, gedrückte Blendarkatur fort. In den Wandflächen ist jeweils ein mit den unteren Fenstern vergleichbares, gekuppeltes Zwillingsfenster mit gespitztem Überfangbogen eingelassen. Das als Schirmwand wiederhergestellte, oberste Fassadengeschoß modifiziert das untere Gliederungsschema: Die beiden äußeren, von einem Oculus durchbrochenen Wandfelder werden von Lisenen gerahmt, die durch zwei über einer Mittelkonsole ansetzende Kleeblattblendbögen verbunden werden. Das mittlere Wandfeld wird in der Mitte durch einen zinnenartig hochgetreppten Blendrahmen mit dreiteiligen Rundbogenfenster und mittlerem Oculus akzentuiert; darüber ist eine Blende mit eingestellter Säule nischenartig eingetieft. - Der rückwärtige Giebel zeigt einen vortretenden (gotischen?) Mittelkamin und ein spätromanisches, gekuppeltes Rundbogenfenster mit Zwischensäule.

Das Innere des wenig überquadratischen Wohnhauses (rd. 11 x 12 m) wurde später mehrfach verändert. Erhalten ist ein über die gesamte Hausgrundfläche angelegter Einstützenkeller. Der Mittelpfeiler trägt Kreuzgratgewölbe. Über dem Kellerpfeiler steht im Parterre ein (verkleideter) Rundpfeiler als Zwischenstütze einer zweiteiligen Rundbogenstellung, die den Innenraum parallel zur Fassade in zwei Schiffe teilte (die Scheidbögen sowie ein zugesetzter, weit gespannter und gestufter Bogen in der Hausrückwand sind über der abgehängten Decke des Parterres erhalten).

Das überregional bedeutende Dreikönigenhaus verknüpft in einzigartiger Weise die Bautradition lokaler früh- und hochromanischer Wohntürme mit einer palastartigen Fassadenbildung. Wenn auch die längsrechteckige Grundrißfläche der älteren Turmhäuser aufgegeben wird, so klingen im Fassadenaufbau des Dreikönigenhauses immer noch Relikte des wehrhaften Charakters an: Charakteristisch ist das über dem ehemals mauerhaften Unterbau im Hochparterre angelegte, ursprünglich über eine Holztreppe zu erreichende Hauptportal - eine ausgesprochen konservative Eingangslösung in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert

Zum Anwesen zählt ein mit dem Vorderhaus zusammengebautes, niedrigeres und langgestrecktes Hintergebäude romanischen Ursprungs. Bemerkenswert ist die östliche, um 1900 aufgestockte Giebelfront: Sie hat außer einem Mittelkamin, der in der Höhe des oberen Hauptgeschosses mit einem Rundbogen auf Konsölchen abschließt, auch die Reste von einfachen und gekuppelten, romanischen Fenstern bewahrt, die teilweise zu Renaissance-Stockfenstern umgebaut wurden. Unter der Hausmitte liegt ein tonnengewölbter, vermutlich nachträglich mit dem Vorderhaus durch einen Gang verbundener Keller.
(Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 17.1 Stadt Trier - Altstadt. Wernersche Verlagsanstalt mbH, Worms. ISBN 3-88462-171-8 (1. Auflage 2001)) [1]

> Wer die gut betuchten Bewohner (es waren nicht die Heiligen Drei Könige !) dieses spätromanischen Bürgerhauses von 1230 besuchen wollte, der musste einst über eine Holztreppe zur Eingangstür empor- klettern. In einer Zeit, in der man seinen Besitz vehement verteidigte, hätten Schaufenster, wie die des heutigen Café Bleys im Erdgeschoss, Angriffen sicher nicht standgehalten. Dieser stolze Bürgerpalast ist nach einer Gaststätte benannt, die sich im 17. Jahrhundert hier einquartiert hatte.

(entnommen aus Johannes Krams Trier für Anfänger und Fortgeschrittene, überarbeitet für Internet von Hans Blofeld) [2]

Auch das Dreikönigenhaus hatte ursprünglich keinen Zugang im unteren Geschoss und war nur über den erhöht angelegten Eingang zur Simeonstraße hin erreichbar. Gleichwohl lässt vor allem die kunstvolle und vielschichtig gegliederte Gestaltung der palastartigen Straßenfront der Westfassade darauf schließen, dass zur Zeit der Entstehung des Hauses eine Ablösung des zuvor zentralen Verteidigungszweckes – wie etwa am Frankenturm – zugunsten repräsentativer Ausschmückungen im Gange war. Zu beachten ist hier sicher auch, dass um 1200 weitere Befestigungen am unter Erzbischof Albero von Montreuil (1131-1152) begonnenen und später unter Erzbischof Arnold II. von Isenburg (1242-1259) abgeschlossenen städtischen Mauerbau vorgenommen wurden.

Im Vergleich mit den älteren Anlagen wird der Rückgang der vormals dominierenden Wehrfunktion am Dreikönigenhaus ersichtlich: Die nun größerflächigen Fenster sind mit Spitz-, Halbkreis- und Korbbögen ausgeführt, und ein prächtig gestaltetes Giebelfeld krönt das Gebäude. In der Mauerfläche wechseln durch die verschiedenen Baumaterialien und den 1973 nach ursprünglichen Mustern aufgefrischten Ausmalungen eindrucksvoll die Farben. [3]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Mittelalterliche Wohntürme
Zeit:
Um 1220
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.642899
lat: 49.758211
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 17.1 Stadt Trier - Altstadt. Wernersche Verlagsgesellschaft mbH, Worms. ISBN 3-88462-171-8 (1. Auflage 2001)
[2] Johannes Krams, Trier für Anfänger und Fortgeschrittene, überarbeitet für Internet von Hans Blofeld.
[3] Franz-Josef Knöchel, Befestigte Wohnanlagen im mittelalterlichen Trier (mit einer Karte und drei Abbildungen). In: Kurtrierisches Jahrbuch 42, S. 85-103. Trier 2002. (https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a138453.pdf) -abgerufen am 30.11.2020.

Bildquellen
Bild 1: Städtische Denkmalpflege Trier
Bild 2: Städtische Denkmalpflege Trier
Bild 3: Städtische Denkmalpflege Trier
Bild 4: © Knöchel, Franz-Josef / CC-BY-NC-SA 3.0, 2017
Bild 5: © Knöchel, Franz-Josef / CC-BY-NC-SA 3.0, 2017
Bild 6: © Knöchel, Franz-Josef / CC-BY-NC-SA 3.0, 2017

Stand
Letzte Bearbeitung: 30.11.2020
Interne ID: 12293
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=12293
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