Dauerausstellung Jüdisches Leben in Wittlich

In der Kultur- und Tagungsstätte Synagoge
Wittlich, Stadt Wittlich Himmeroder Straße 44

Beschreibung
Von Jugendstilelementen geprägter Bau von 1910, größte in Rheinland-Pfalz erhaltene Synagoge, Innenraumarchitektur mit Dekoration rekonstruiert, heute Kultur- und Tagungsstätte.
(Deutsche Stiftung Denkmalschutz, 2003)

Dauerausstellung Jüdisches Leben in Wittlich
In der Kultur- und Tagungsstätte Synagoge.

Ausgehend von den Häusern, Plätzen und kulturellen Zentren der einst blühenden Jüdischen Gemeinde soll dem Besucher die Möglichkeit gegeben werden, der verschwundenen jüdischen Kultur wieder zu begegnen.
Die Synagoge war das geistige Zentrum der Jüdischen Gemeinde. In der Ausstellung wird neben der Geschichte der Synagoge und ihrer Funktion, auch auf den gemeinsamen jüdischen und christlichen Ursprung und den kirchlichen Antijudaismus Bezug genommen. Neben anderen wichtigen Exponaten wird das Fragment einer Torarolle gezeigt, das vor wenigen Jahren bei Umbauarbeiten in der Tiergartenstraße 26 entdeckt wurde.
Auf dem Jüdischen Friedhof stehen die ältesten Wittlicher Grabsteine (1671/72). Die große Bedeutung, die der Friedhof für die jüdische Kultur hat, wird erläutert. Die jahrhundertealten Steine sprechen durch ihre Form und Symbolik. Mit Genehmigung der Jüdischen Gemeinde Trier sind für die Ausstellung die Fragmente zweier Grabsteine wieder zusammengesetzt worden.
Arthur Feiner, geboren 1907 in Wittlich, stiftete für diese Ausstellung ein kleines Gebetbuch, das ihn auf seiner Odyssee von Deutschland durch die Welt begleitete. Auf Fragen nach seinem Schicksal antwortet er in einem Brief im Jahre 1913 aus Denver, USA:
Über meinen Weg von Deutschland über Schanghai nach Amerika kann ich nur Stichworte wiedergeben. Für eine chronologische Niederlegung der Geschehnisse und eine tiefere Beschreibung der Verhältnisse in Schanghai habe ich weder die Kraft noch das Können. Außerdem will ich nicht die Bitterkeit dieser Jahre kosten und nicht die Kinder mit der Schuld der Väter belasten.
Warum sagte der Gestapomann, nachdem er meine Sachen durchwühlt hatte: Sie stehen nicht auf meiner Liste! und verließ das Zimmer...
Dann eines Tages bot man mir eine Schiffskarte nach Schanghai an. Ein Ertrinkender klammert sich auch an einen Strohhalm. Mit den erlaubten 10,00 Mark ging ich auf die Reise[...]nach China. Es starben viele. Besonders ältere Menschen. Sie hinterließen eine Leere, die nicht zu füllen war. Ein paar Jahre vergingen langsam und die Arbeit war nichts für empfindsame Naturen.
Die Amerikaner kamen[...]Mitte 1948 kam ich auf Sammelaffidavit nach langer Reise mit einem Truppentransportschiff in San Francisco an.
Die Einladung der Stadt Wittlich zur 700-Jahrfeier hat mich sehr gefreut. Ich wollte schon, aber diese Reise kann ich mir nicht mehr zutrauen.
Aber vielleicht, wenn Sie gleich von der Synagoge zum Marktplatz gehen, ahnen Sie, wie ich im Geiste mit Ihnen dort stehe und die alten Namen auf den Geschäften sehe: Schuhhaus Wolf, Schiffmann, Ermann-Bach, Bender, Frank und Sänger. So war es gewesen. Aber ich will den schrecklichen Abgrund, der zwischen Gestern und Heute liegt überspringen und ich reiche der jungen Generation meine Hände in Freundschaft.
Herzlichst, Ihr Arthur Feiner

In der Jüdischen Schule, Kirchstraße 1, lehrte zuletzt der Lehrer David Hartmann neben dem allgemeinen Unterricht auch Hebräisch. Die Schule förderte die Angleichung an die deutsche Kultur. Auf dem hier abgebildeten Foto (circa 1934) feiern Schüler das jüdische Freudenfest - Purim. Ihre Verkleidung lässt sich auf den Einfluss des christlichen Karnevals zurückführen.
Der Viehmarkt, einer der größten Westdeutschlands, spielte für die jüdischen eine besondere Rolle. Fast die Hälfte von ihnen war im Viehhandel tätig. Diese erstaunliche Dominanz geht letztlich auf die strengen jüdischen Speisegesetze zurück. In Wittlich, wie auch in anderen kleinstädtischen und ländlichen Gebieten, engagierten sich die Juden frühzeitig in diesem Beruf, um die Versorgung mit rituell reinem Fleisch sicherzustellen.
Viele Häuser des Marktplatzes befanden sich bis zur Arisierung in den 30er Jahren in jüdischem Besitz: Josef Bender verkaufte am Marktplatz 1 Manufakturwaren, die Familie Ermann-Bach besaß eine Lebensmittelgroßhandlung; daneben befand sich das Bekleidungsgeschäft von Emil Frank und am Marktplatz 7 führte die Familie Wolff ein Schuhgeschäft. Mit dem Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 verschwanden zunächst die jüdischen Firmen und dann die Familien.

1309 Zum ersten Mal wird ein Jude in Wittlich urkundlich erwähnt.
1663 Die Kopfsteuerliste der Stadt Wittlich umfasst 184 Erwachsene,
davon 14 Juden.
1808 68 Wittlicher Juden geben auf dem Rathaus ihren neuen
Familiennamen an.
1910 Die neue Synagoge wird eingeweiht.
1938 In der Kristallnacht wird die Inneneinrichtung der Synagoge
zerstört.
1942 Mit der Deportation der letzten jüdischen Mitbürger erlischt die
Jüdische Gemeinde Wittlich.

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Bildungsstätten / Ausstellungen, Kulturzentren und Gedenkstätten
Zeit:
Undatiert
Epoche:
Undatiert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.885592
lat: 49.988482
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Vor der Hemmerather Pforte

Internet
http://www.wittlich.de/

Datenquellen
Internet

Bildquellen
Bild 1: Internet

Stand
Letzte Bearbeitung: 16.11.2020
Interne ID: 1276
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=1276
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