Ehemaliges Schützenhaus

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Bergstraße 17-18

Beschreibung
Bis zu Beginn der neunziger Jahre [1890er Jahre Red.] war die Bergstraße - wie die ganze Oststadt jenseits der Bahnanlagen - fast vollständig unbebaut geblieben; östlich von ihr lagen nur das Schützenhaus, ein Fachwerkbau aus den sechziger Jahren, und die sogenannte "Dausenburg", ursprünglich wohl ein kleines Landhaus später zum Weingut ausgebaut.
[...]
1912 kaufte der Architekt und Bauunternehmer Hans Zimmermann das Schützenhaus auf Abbruch und baute ein Jahr später an dessen Stelle eine Gruppe von Einfamilienhäusern die im Norden an das ältere Haus Bergstraße 16 anschloß. [1]

Das Trierer Schützenhaus

Ein erster Nachweis über das Schützenhaus findet sich im Adressbuch der Stadt Trier von 1867 (Section I, Haus Nr. 320a) und lässt damit auf das Entstehungsjahr 1866 schließen. [Bild 2]

Lage: am Hang des Petrisberges, mittig zwischen Einmündung Schützenstraße/ Löwenbrauerei und Aufstieg zum Petrisberg, auf einer Parzelle die im Besitz des Militärfiskus war. darf die Lage des Schützenhaus angenommen werden.

Nach dem 1. Weltkrieg ging diese Parzelle in den Besitz der Vereinigten Hospitien über. Im Zuge der Planung und Realisierung einer Ringstraße, des "Kurfürstenringes", der heutigen Kurfürstenstraße, erfolgte dann in den 1920iger Jahren die Bebauung.

Die Baufirma Zimmermann bat 1921 die Stadt, zwecks Errichtung von "Direktorwohnungen für das Trierer Walzwerk", um Überlassung des früheren Schützenhausgeländes.

Errichtung und Bedeutung:
Erbauer des Schützenhauses im Jahre 1866 war vermutlich die 1865 gegründete "Schützen Gesellschaft zu Trier". Diese "Gesellschaft" rief 1875, also 9 Jahre nach der mutmaßlichen Erbauung des Schützenhauses, in der "Neue Mosel-Zeitung" Nr. 41 zu einer Generalversammlung ein. Tagesordnung: ist die Besprechung über Veräußerung des Schützenhauses. [Bild 3]

Leider ist über den Schießbetrieb nichts bekannt, wohl aber über die gesellschaftliche, gastronomische Nutzung des Hauses. In den Jahren 1873-1875 erschienen in verschiedenen Trierer Zeitungen zahlreiche Anzeigen über Veranstaltungen im Schützenhaus. In der "Mosel-Zeitung" waren es im Zeitraum vom 5.10.1873 - 4.1.1874 zehn Anzeigen des "Restaurateur" Döhrn, wohl der Pächter des Schützenhauses, der zur "HARMONIE mit Abendunterhaltung" einlud. [Bild 4] der Zeitung "Trier´sche Stadt-Klatsch" vom 3.10.1875 lud der "Trierer Veteranen- und Kriegerverein", zu einer kameradschaftlichen Zusammenkunft mit "Concert ausgeführt durch das Trompetencorps des 9. Husaren Regiments und anschließendem Tanz-Kränzchen" ein. Auch der Sänger-Chor des Kriegervereins traf sich dort, wie aus einer Anzeige in der selben Zeitung vom 11.1. 1874 über die Absage einer Zusammenkunft, hervorgeht.

Offensichtlich wurde das Schützenhaus nach der erwähnten Generalversammlung der Schützen-Gesellschaft von 1875 [Bild 5], die auch nicht im Schützenhaus, sondern im Lokal von Seb. Tont abgehalten wurde, verkauft. Über eine weitere gastronomische Nutzung ist nichts bekannt. Bis auf die Anzeige des Trierer Veteranen- und Kriegerverein zu einer Zusammenkunft am 3.10.1875 sind keine Hinweise mehr auf eine Nutzung des Hauses zu finden. Wenn man dem Beitrag aus dem Beiblatt der satirischen (!) Zeitung "Trierischer Kladderadatsch" vom 15. Dezember 1900 Glauben schenken darf, dann wurden zu dieser Zeit noch Schießübungen durchgeführt. Dort heißt es in einem Gedicht "Was gibt´s Neues?" :

„Leute, die spazieren geh´n
Frische Luft genießen,
Haben neulich sich beschwert
Ueber vieles Schießen

Aengstlich haben sie erklärt,
An dem Schützenhause
Und dem Weg zum Petersberg
Schieß´man ohne Pause.

Ausgeschlossen sei es nicht,
Daß man werd´ getroffen.
Und sie seien dieserhalb
Schleunigst fortgeloffen.

Kinder, nur nicht ängstlich sein,
Man schießt dort ja blind,
Da die Flinten, wie man hört,
Nicht geladen sind.

Ende/Abriss: um die Jahrhundertwende. 1900 beklagt sich der Eigentümer der Löwen-Brauerei, Fr. Mohr, in umfangreichem Schriftwechsel mit der Stadt über den schlechten Zustand der Wege. [Bild 6] Das Schützenhaus war bis zu seinem Abriss 1912 ein stadtbekannter Orientierungspunkt. [2]

[Bild 1] Die Topograhische Karte 1:25.000 von 1895 zeigt noch den Schießstand in einer Länge von 200 Metern Richtung Petrisberg.

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wirtschaft, Gewerbe und Verkehr / Versorgung, Gasthöfe, Hotels
Zeit:
1866
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.650809
lat: 49.751446
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Hans-Hermann Reck: Die Stadterweiterung Triers. Planung und Baugeschichte vom Beginn der preußischen Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1815-1918). Verlag Trierer Historische Forschungen, 1990.
[2] Albert Bebelaar, Trier, 2022 und Stadtarchiv Trier.

Bildquellen
Bild 1: Topographische Karte 1:25000 von 1895 https://geo4.service24.rlp.de/client/lf/lawa/ (Ausschnitt)
Bild 2: Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz https://www.dilibri.de/nav/classification/70238
Bild 3: Stadtarchiv Trier https://www.stadtbibliothek-weberbach.de/startseite/
Bild 4: Stadtarchiv Trier https://www.stadtbibliothek-weberbach.de/startseite/
Bild 5: Stadtarchiv Trier https://www.stadtbibliothek-weberbach.de/startseite/
Bild 6: Stadtarchiv Trier https://www.stadtbibliothek-weberbach.de/startseite/

Stand
Letzte Bearbeitung: 17.09.2022
Interne ID: 19607
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=19607
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