Lindenstein

Hermeskeil, Stadt Hermeskeil

Beschreibung
Fluch dem Erwürger
Vor 200 Jahren wurde der Hermeskeiler Gerichtspräsident Anton Linden ermordet
Von Wilfried Burr

0b der 8. März des Jahres 1800 ein garstiger Spätwintertag war oder ob die Sonne mit sanften Strahlen über dem Hochwald den nahenden Frühling signalisierte - die exakte Antwort auf diese Frage ist nach so langer Zeit trotz Überlieferung nicht zu finden. Geblieben aber ist dieses Datum in den Sammlungen regionaler Historiker, die es schriftlich von Generation zu Generation weitergereicht haben: Am 8. März vor nunmehr genau 200 Jahren wurde der Hermeskeiler Gerichtsbeamte Anton Linden auf der von Wald gesäumten Straße zwischen Nonnweiler und Hermeskeil überfallen und ermordet. Der Tathergang ist nie aufgeklärt, der Täter nie ermittelt und der Mord nie gesühnt worden. Am Tatort, unmittelbar an der Nahtstelle der heutigen Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland, steht ein Gedenkstein. Von der verkehrsreichen Straße aus ist eine schmale Schneise in den Wald geschlagen. Ein Steinwurf weit steht, von den meisten Autofahrern unbemerkt, die steinerne Erinnerung an das traurige Geschehen anno 1800. Daneben stehen eine Holzbank und eine Schrifttafel mit den historischen Daten. Anton Linden soll an jenem fernen Märzentag zu säumigen Steuerzahlern in den Dörfern der Region unterwegs gewesen sein. In So mancher Darstellung des Mordes werden bis heute der Schinderhannes oder seine Gesellen mit der Mordtat im Hermeskeiler Wald in Verbindung gebracht. Böswillige Gerüchte, mehr nicht! Der legendäre Hunsrücker Räuberhauptmann, dessen vermeintlich soziale Gesinnung (Helfer der armen Leute) in der Literatur immer noch voller Widersprüche ist, hielt sich zu jener Zeit häufig in der Hochwald-Region auf. So zum Beispiel im Dorf Muhl nahe Züsch. 1797 wurde dort das Wohnhaus der Witwe Anna Maria Franziska Düpre zeitweilig zum Schinderhannes-Versteck. Das ist im 1986 erschienenen Buch 250 Jahre Muhl (Autoren: Reiner Schmitt und Hans Josef Koltes) ausführlich beschrieben und dokumentiert. Kein Mensch aber hat dem Johannes Bückler, so der bürgerliche Name des 1803 in Mainz hingerichteten Schinderhannes, Mithilfe an der Ermordung des Anton Linden nachweisen können. Historiker halten den Verdacht sogar für Blödsinn. Die Hermeskeiler Kantonsbürger hatten den Gedenkstein für ihren Landsmann Linden schon im Jahr 1800 errichten lassen, Der Vierkant-Stein trägt die Inschrift: Der Anton Linden Friedensbot, litt hier im Dienst den Moerdertod, die Hermeskeiler Kantonsbürger weih'n ihm dies Mahl: Fluch dem Erwürger. Am Ende steht 17. Ventose 8. Jahrs. Wegen dieses Datums wird der Gedenkstein von Fachleuten als kulturgeschichtliche Seltenheit im ganzen Rheinland bezeichnet. Seit dem Frieden von Campo Formio am 17. Oktober 1797 betrachtete Frankreich die besetzten Rheinlande als französische Provinz und führte eine neue Verwaltungseinteilung durch; Hermeskeil wurde Sitz einer Kantonsverwaltung. Dazu wurde auch die neue Zeiteinteilung eingeführt. Es war der sogenannte Republikanische Kalender, der mit der Ausrufung der französischen Republik begann. Der Lindenstein ist also auch steinerner Zeuge der damaligen Zeitumstellung. Napoleon führte 1805 wieder den Gregorianischen Kalender und damit das gewohnte Zeitraster ein. Das Denkmal im Hermeskeiler Wald war vom Landesamt für Denkmalschutz in Rheinland-Pfalz schon vor vielen Jahren als schützenswertes Kulturdenkmal eingestuft worden. Bei seinem Standort inmitten der Natur aber war es über viele Jahrzehnte allen Widrigkeiten der Witterung ausgesetzt gewesen; die Zeit hatte arg an seiner Substanz genagt, von der manches Teilchen abgebröckelt war. In Hermeskeil sahen sich die Heimatforscher und -schützer deshalb 1986 zum Handeln aufgefordert: Der Lindenstein wurde nach Trier überführt; der Steinmetzmeister Kronenwirth versuchte dort eine denkmalgerechte Konservierung und zog vor allem die kaum noch lesbare Inschrift nach. Zudem fertigte er eine originalgetreue Kopie des Gedenksteines an. Der Grund für diese Doppel-Strategie: Das Original-Denkmal wurde nicht mehr an den Tatort zurückgebracht. Um es für alle Zeiten den Einflüssen der Witterung zu entziehen, fand es nach 186 Jahren einen neuen Standort im Hermeskeiler Heimatmuseum. Im Wald nahe der Landesgrenze wurde die Kopie aufgestellt. Der echte Lindenstein wird nun bald wieder seinen Standort wechseln müssen: Das Heimatmuseum in Hermeskeil hat ausgedient; derzeit ist man mit der Konzeption und Gestaltung eines Hochwald-Museums in einem anderen Gebäude beschäftigt. Viele Exponate aus dem Heimatmuseum sollen dorthin überführt werden. Der Lindenstein ist eines unserer wertvollsten Stücke; er wird im Hochwald-Museum einen Ehrenplatz erhalten, sagt Kurt Bach, verantwortlich für die Innengestaltung des künftigen Hermeskeiler Museums.

> Wegbeschreibung: Nahe der Bundesstraße in Richtung Nonnweiler, etwa 20 Meter waldeinwärts im Epplerswald, fast an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und Saarland steht der Lindenstein.
Karl Kratz: Gedenksteine in Hermeskeil in Aus dem Hochwald - Wegkreuze und Gedenksteine, 1991

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Marken und Male /
Zeit:
1800
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.955407
lat: 49.62963
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Der Gesenkte Wald

Internet
http://www.naturpark.org/

Datenquellen
Wilfried Burr in Trierischer Volksfreund 11./12. März 2000 und Karl Kratz: Gedenksteine in Hermeskeil in Aus dem Hochwald - Wegkreuze und Gedenksteine, 1991

Bildquellen
Bild 1: © Norbert Kutscher, Waldweiler, 2012.
Bild 2: Trierischer Volksfreund 11./12. März 2000

Stand
Letzte Bearbeitung: 29.03.2012
Interne ID: 2183
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=2183
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