Ruländer Hof

Auch Seinsfelder Hof genannt
Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Hieronymus-Jaegen-Straße 1

Beschreibung
Ehemaliger Ruländer, später Seinsfelder Hof; langgestreckter Kernbau (1862 erweitert) mit Renaissance-Treppenturm, kurz nach 1523, oberstes Geschoss und Turmhelm barock; barocker Gartenpavillon mit Mansardwalmdach (Kalenfelsstr. 1); zwei neuklassizistische Torpfeiler, um 1875; in der Umfassungsmauer zwei romanische Torbogengewände, ein romanisches Fenster. [1]

Die bekannte Geschichte des Hofes begann am 8.2.1287. An diesem Tag verkaufte Theoderich Herr von Reuland den Hof für 100 trierische Pfund dem Schöffen Ordulf von Orrio um die Schulden seines Vaters zu tilgen. Der Hof bestand damals aus einem Garten nebst Olke oder Wingert in der Stadt Trier [im Bild 3 grün umrandet]. Zu dieser Zeit war das Gelände wahrscheinlich wesentlich größer.

Die Olke ist ursprünglich ein fruchtbares Feld nahe des Gutshauses, im moselländischen auch für Weingarten, Wingert. Darher kommt auch die Straßenbezeichnung "In der Olk".

Durch die Tochter von Ordulf kam der Besitz an den Konvent von Sankt Katharina, der den Hof 1338 an den Erzbischof Balduin verkaufte. Von jetzt ab blieb der Hof Lehensgut des Erzbischofs.

Am 4.11.1351 gab der Erzbischof das Gut als Lehen dem Perter Sarassin aus Echternach gegen einen Jahreszins von 5 Soliden. 1363/64 wohnte Clais Schaulant im Hof. Am 27.6.1377 verlieh Erzbischof Kuno II. seinem Diener Johann Russ von Bruchenbrücken, seiner Frau und seinem Sohn das Haus Ruland auf Lebenszeit. 1443 verlieh Erzbischof Jakob den Hof dem Bürger Johann Zerstevens und seinem Sohn Johann auf Lebenszeit.

1492 wurde Diedrich von Enschringen der Ältere mit dem Haus Ruland und 1496 mit dem Balduinshaus belehnt. Die beiden Häuser blieben bis 1804 durch die folgenden Besitzer eng verbunden. Um 1530 wurde das bis dahin bestehende Haus neu gebaut und mit einem Treppenturm (erbaut 1532) versehen.

Neben dem Eingang im Innenhof ist noch das Wappen des Kurtrierischen Kanzlers Dr. Johann von Enschringen zu sehen.

Die "von Enschringen" sind eine Ritterfamilie, die nach ihrem gleichnamigen Stammsitz zwischen Clerff und Oberwiltz in Luxemburg benannt sind. Als Stammherr wird Ludwig, der um 1230 lebte, angesehen. Noch 1684 sind die Herren von Enschringen im Bezirk Trier nachweisbar. [4]

Vom zu dieser Zeit residierenden Kurfürsten Richard von Greiffenclau zu Vollrats ist am Treppenturm des Hauses außen ein Wappen angebracht. Ebenfalls am Treppenturm sind als Türsturz die beiden Wappen der Eheleute Johann von Enschringen und Johanna von Schwarzenberg zu sehen.

Während der Zeit, als der Komtur des deutschen Ritterordens Johann Arnold Teutsch von Kaulen (von und zu der Gruben) Herr von Seinsfeld Besitzer war (bis Ende des 17. Jahrhunderts), wurde der Hof auch Seinsfelder Hof genannt. Der letzte Besitzer in der Heirats- und Erbfolge war Johann Philipp, Freiherr von Berg zu Dürfenthal. Sein Wappen ist über der Eingangstür im Innenhof zu sehen. Der Hof wurde 1804 versteigert und kam an die Familie Coupette. Nach dem Tod des Oberforstmeisters Johann Paulin Coupette 1854 erwarb die Stadt Trier den Hof und richtete ein Waisenhaus ein. Zu dieser Zeit hatten alle Gebäude auf dem Grundstück die Hausnummer 840. Die übrigen Gebäude sind als Wohnhaus (für Personal?), Stall und Remise bezeichnet.

Das Hauptgebäude des Hofes wurde 1862 umgebaut und ab dem Treppenturm in nördlicher Richtung um 10 Achsen verlängert [siehe rote Ergänzung im Bild 3]. Im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt aber bis 1964 in alter Form wieder hergestellt. 1978 wurde am 13.10. die Verlängerung der Böhmerstraße bis zum Irminenfreihof freigegeben. [Bild 3 blaue Ergänzung] Sie durchschneidet das Gelände des Hofes [grüne Ergänzung im Bild 3[

Heute ist im Haus, das den vereinigten Hospitien gehört, immer noch ein Haus zur Betreuung und Fürsorge von Kindern und Jugendlichen. 2008 nach Umbau und Renovierungsarbeiten wurde zusätzlich eine Kindergrippe zur Betreuung von Kleinkindern eröffnet. [3]

(Text zusammengestellt: Jürgen Bier 2022)

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Bürgerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Zeit:
1287
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.63452
lat: 49.75793
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Denkmalliste der Generaldirektion Kulturelles Erbe, Rheinland-Pfalz; 2010.
[2] Trierische Chronik Band 13/14, Strasser 1911
[3] Vereinigte Hospitien, Haus Ruland
[4] Neues preußisches Adels-Lexikon, 1836

Bildquellen
Bild 1: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 2: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 3: Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1832 (Genehmigung durch das Stadtarchiv Trier). Sammlung Jürgen Bier, Trier, 2022.

Stand
Letzte Bearbeitung: 25.06.2022
Interne ID: 22859
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