Klerikergemeinschaft in Dom und Liebfrauen

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Domfreihof

Beschreibung
An keiner Kirchenanlage Mitteleuropas lässt sich die Baugeschichte seit dem 4. Jahrhundert so klar und fast lückenlos ablesen wie am Trierer Dom. Deutlich erkennt man den Kernbau des 4. Jahrhunderts und im Innern die Vierungspfeiler von 989 und 990; markant stellen sich der Westbau und der Innenraum der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts dar; der Ostchor mit der Apsis aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bereitet die Einwölbung der Schiffe (Anfang 13. Jahrhundert) vor; die barocken Veränderungen (u. a. Querschiff) und Zutaten (Heilig-Rock-Kapelle) geben dem Bau das letztgültige Gepräge. - Wie anders ist dagegen das Schicksal der südlich neben dem Dom stehenden Liebfrauenkirche! Vom Bau des 4. Jahrhunderts, der im 10. Jahrhundert gesichert und verändert wurde, sind nur noch die Fundamente nachweisbar. Der heutige Bau wurde im 13. Jahrhundert wie aus einem Guss erstellt (ca. 1235 bis ca. 1262): ein Zentralbau mit sich kreuzenden Schiffen und einem Vierungsturm.
Beiden Kirchenanlagen gemeinsam ist die Gründung durch Kaiser Konstantin den Großen (306 - 337) als eine Doppelkirchenanlage von gewaltigen Ausmaßen. Zu diesem Zweck wurde der Vorgängerbau, eine Palastanlage ("Palast der hl. Helena") abgerissen. Die Keimzelle des kirchlichen Ensembles glaubt man mit guten Gründen im südwestlichen Bereich der Anlage gefunden zu haben.

Da die Doppelkirchenanlage zwei Rechteckinseln des römischen Bebauungsrasters besetzt, ist am Dom heute noch die Ausrichtung der römischen Straßen ablesbar. Seit dem frühen Mittelalter bestimmt der Dom die Lage des Hauptmarktes: dieser liegt in etwa vor der Westmauer der Doppelkirchenanlage; in ihn mündet von Norden die von der Porta Nigra herkommende römische Hauptstraße (heute: Simeonstraße). Das Marktkreuz wurde 958 von Erzbischof Heinrich als Hoheitszeichen errichtet.
Die Doppelkirchenanlage dürfte seit dem 4. Jahrhundert die Heimat einer Klerikergemeinschaft gewesen sein, die sich später in zwei Kapitel teilte, das Domkapitel und das Stiftskapitel von Liebfrauen, eng mit dem Dom verbunden. Die Kleriker lebten noch im frühen Mittelalter in einer Wohngemeinschaft, bis sich im Laufe des 10. Jahrhunderts die Kapitulare eigene Häuser im Dombering bauten; die Reformversuche des 956 bis 964 in Trier wirkenden heiligen Wolfgang konnten diese Entwicklung nicht verhindern. Erzbischof Ludolf (994 - 1008) umgab diese Klerikersiedlung mit einer festen Mauer. Damit hatte das Domviertel jene städtebauliche Charakteristik erhalten, die im wesentlichen - trotz aller Veränderungen der folgenden Jahrhunderte - heute noch ablesbar ist: die von hohen Mauern umgebenen Wohnbereiche der Domkleriker, zusammengefasst vom Oval schmaler Gassen, die den Verlauf der Ludolfschen Mauern heute noch anzeigen.

Der Domkreuzgang, im 10. Jahrhundert mit neuen Gebäuden errichtet, wurde nach Vollendung der Liebfrauenkirche als Ganzes neu gebaut. In ihm lebt die Erinnerung an das "Gemeinsame Leben" (vita communis) des Domkapitels weiter. Auch heute noch dient er wie im Mittelalter als Begräbnisstätte und für liturgische Prozessionen. [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Klosteranlagen
Zeit:
4. Jahrhundert
Epoche:
Kelten- / Römerzeit

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.643387
lat: 49.755983
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.trierer-dom.de

Datenquellen
[1] Klöster in Trier von der Spätantike bis zur Gegenwart. Katalog zur Ausstellung der Katholischen Erwachsenenbildung anläßlich der 2000-Jahr-Feier der Stadt Trier vom 25.3. bis 1.11.1984 im Domkreuzgang. Konzeption: Prof. Dr. Franz J. Ronig.


Stand
Letzte Bearbeitung: 14.08.2011
Interne ID: 23400
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=23400
ObjektURL als Mail versenden