Bei Sankt Simeon
Weinlage im Mittelalter
Trier-Nord, Stadt Trier Nordallee
Beschreibung
Weingärten im Besitz des Domstifts sind für den Petrisberg erstmals zu 1083 bezeugt. Im Übrigen ist die Geschichte der dortigen Weinlagen charakteristisch für ganz Trier, ja die gesamten Mosellande. Seit dem 12. Jahrhundert wurden die Südhänge intensiv für den Weinbau erschlossen, was auch massive Eingriffe in das Ökosystem mit sich brachte. Die führenden Trierer Familien, Adelige des Umlandes sowie zahlreiche Klöster und Stifte ließen hier Wingerte anlegen, und bis ins 16. Jahrhundert hinein hatte der Erzbischof das Vorleserecht inne, das heißt, er durfte zwei Tage vor allen anderen mit der Weinlese beginnen.
Seit Ende des 13. Jahrhunderts verschlechterte sich jedoch das Klima. Dies sowie der Arbeitskräftemangel nach Hungersnöten und Seuchen und die zunehmende Konkurrenz des Hopfenbieres im 14. Jahrhundert führten in der ganzen Region wie auch auf dem Petrisberg zu einem Rückgang des Weinbaus. An Stelle der Weingärten sind für das späte Mittelalter häufig Brachen bezeugt, oder man versuchte durch den Anbau von Obst- oder Nussbäumen neue Einkommensquellen zu erschließen. Auch diese Sonderkulturen sind typisch für die gesamte Region. [1]
Überall, wo man in der Altstadt buddelt, kommen römische Gemäuer zum Vorschein. Dieses geflügelte Wort ist widerlegt. Landesmuseums-Grabungen zeigen: Das in der Spätantike aus allen Nähten platzende Trier leistete sich ein großes innerstädtisches Acker- und Gartenareal, das unbebaut blieb.
Unscheinbare Löcher im Boden lassen Archäologen jubeln. Schauplatz des Geschehens: der ehemalige Dewora-Schulhof an der Sichelstraße. Dort tut sich als Vorbote eines Neubauprojekts eine 1000 Quadratmeter große Grube auf, die das Landesmuseum seit August untersucht hat. Die Mini-Eintiefungen liegen fast vier Meter unter dem heutigen Bodenniveau.
Im 8. Jahrhundert: Die Karawane zieht weiter
Das sind Pfostenlöcher von Weingarten-Pfählen. Mehr als 1800 Jahre alt, sagt Lukas Clemens, wissenschaftlicher Leiter der Grabungen. Überhaupt wimmelt es nur so von Spuren agrarischer Aktivitäten. Pflanzgräben, ja selbst Pflugspuren aus römischer Zeit haben die Museumsleute fein säuberlich herausgearbeitet. Gemäuerreste förderten sie ebenfalls ans neuzeitliche Tageslicht, aber die liegen gut einen Meter über dem römischen Niveau. Sie stammen aus dem 7. und 8. Jahrhundert: trocken gesetzte Fundamente für Fachwerkbauten. Das wilde Gesteins-Sammelsurium spricht Bände. Triers römische Glanzzeit war längst passé und mit ihr die Segnungen der Zivilisation. Die Steine schleppten die frühmittelalterlichen Hausbauer aus der Umgebung herbei. Sie recycelten von Ziegeln bis zu Gesimssteinen alles, was nicht niet- und nagelfest war, und errichteten die erste menschliche Wohnsiedlung an dieser Stelle.
Diese neue Erkenntnis ist eine große Überraschung: Das 285 Hektar umfassende römische Trier war also nicht, wie bisher angenommen, bis an die Stadtmauer zugebaut. Selbst im 4. Jahrhundert nicht, als etwa 70 000 Menschen in der größten Stadt nördlich der Alpen lebten. Auch da wuchsen auf dem heutigen Dewora-Gelände Wein und Getreide. Über die Ausdehnung kann bislang nur spekuliert werden. Lukas Clemens glaubt aber, dass es sich um einige Hektar gehandelt haben dürfte, da in den 80er Jahren bei Grabungen am rund 100 Meter entfernten Bischöflichen Museum statt der erwarteten römischen Straße ebenfalls landwirtschaftliche Spuren zu Tage traten: Das Puzzle fügt sich zusammen.
Die frühmittelalterlichen Dewora-Bewohner blieben nicht lange. Im 8. Jahrhundert brechen ihre Spuren abrupt ab. Vermutlich zog die Sippe, wie damals üblich, einfach ein paar hundert Meter weiter.
Die unter der technischen Leitung von Bruno Kremer grabenden Museumsleute fanden die Reste dreier Gebäude plus Zäune und Einhegungen für Tierhaltungen für die Wissenschaftler ebenfalls ein Knüller, denn solche Siedlungen ließen sich bislang nur an wenigen Stellen im Stadtgebiet nachweisen, so im Altbachtal und bei Sankt Irminen.
Heute beginnt der Abriss der Dewora-Schule
Auf die Dewora-Siedlungsstelle allerdings weisen keine schriftlichen Überlieferungen hin. Sie zerfiel nach dem Wegzug der Bewohner, die Reste wurden im 13./14. Jahrhundert großteils zerstört, als das Areal der Gewinnung von Bausand diente. [2]
Einordnung
Kategorie:
Geschichte /
Weinbaulagen /
Zeit:
1154
Epoche:
Gotik
Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.642992
lat: 49.760496
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage
Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Nord
Datenquellen
[1] Hiltrud Holzberger: Kürenz. Chronik eines Trierer Stadtteils. Verlag Kliomedia, Trier, 2008. ISBN 978-3-89890-137-6 darin: Frank G. Hirschmann: Mittelalterlicher Weinbau auf dem Petrisberg.]
[2] Roland Morgen in: Trierischer Volksfreund vom 2.12.2002. http://www.intrinet.de/regionales/trier/219532.php3ohne
[3] Plan der mittelalterlichen Stadt Trier im 13./14. Jahrhundert. Kartenbeilage 2 zu: Rettet das archäologische Erbe in Trier. Zweite Denkschrift der Archäologischen Trier-Kommission. Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 31 (Trier 2005).
[4] Clemens, Lukas: Trier-Eine Weinstadt im Mittelalter. THF, Verlag Trierer Historische Forschungen; Bd.22, 1993. ISBN 3-923087-21-7
Bildquellen
Bild 1: Gabriel Bodenehr: "Curioses Staats- und Kriegs-Theatrum", Blatt "Trier" (Ausschnitt), Anfang 18. Jahrhundert
Stand
Letzte Bearbeitung: 23.11.2019
Interne ID: 23624
ObjektURL:
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=23624
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