Ehemalige Schanze

Tor
Graacher Schäferei, Gemeinde Graach an der Mosel

Beschreibung
Der Kanton Bernkastel in den Revolutionskriegen
- Die Graacher Schanzen

Die sichtbarste Hinterlassenschaft der turbulenten Zeiten der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts in unserer Umgebung bilden die Graacher Schanzen, deren Geschichte N. Thiel eindrucksvoll schildert. Nach der Richtigstellung verschiedenster irriger Ansichten über die historische Einordnung des Schanzenbaus legt er unter Zuhilfenahme authentischer Quellen seine persönliche Perspektive der militärischen Maßnahme dar:

In Wirklichkeit wurden die Schanzen von den Preußen auf Befehl des Generalfeldmarschalls von Möllendorf angelegt. Am 13. März 1794 machten diese den ersten Spatenstich und ließen bis zum 27. September desselben Jahres in der Frone dort arbeiten. Sie wichen dann den herandrängenden Franzosen und zogen sich zurück. Die Franzosen nahmen die begonnene Arbeit wieder auf, bauten weiter an den Verschanzungen und erweiterten höchstwahrscheinlich deren Umfang. [...]

Die Leitung beim Schanzenbau zur preußischen Zeit lag in den Händen des preußischen Ingenieur-Hauptmanns von Harroy. [...] Er hatte im nahen Traben-Trarbach Quartier bezogen und leitete von dort aus gleichzeitig Schanzarbeiten an drei verschiedenen Stellen: auf den Graacher Höhen, auf dem Montroyal bei Traben und an Campsteine bei Starkenburg. Preußische Pioniere gaben Anleitung und beaufsichtigten die [...]

Wie mögen die Dörfer aufgeatmet haben, als die Preußen am 27. September die Schanzarbeiten einstellten und sich ohne einen Versuch der Verteidigung zu machen bis Mayen zurückzogen. Aber auf die unnachsichtigen Preußen folgten die französischen Revolutionstruppen, und deren General Jourdan ließ die Schanzen weiterbauen. Die Anforderung von Leuten und Baumaterial steigerte sich jetzt, gegen die Säumigen schritt man rücksichtsloser zur Bestrafung.

Leider sind aus dieser Zeit, in der die Franzosen an den Schanzen bauten, die erhaltenen Urkunden nur spärlich. Der Hochgerichtszender Nikolaus Kirsch (aus Longkamp) schrieb: Aber jetzt fing unser Elend an zu steigen. Die Gemeinde Zeltingen hattezum Beispiel[...] täglich 84 Mann auf die neuen Verschanzungen auf dem Graacher Berg zu stellen. Diese Arbeitsleute bleiben 5 Tage oben und werden dann für 5 Tage abgelöst. Sie müssen mit einem Aufseher versehen sein, der ihre Namen verliest, wonach sie ihre Brot- und Fleischportionen erhalten'. Die Stadt Bernkastel hatte 1.500 Faschinen zu liefern, 50 Fronarbeiter und einen Zimmermann zu stellen, diese auch selbst zu löhnen. Nebenbei wurden ihr im Stadtwalde 'Dunkel Katerich' die dicksten Stämme unberechtigterweise gefällt, die an den Schanzen als Bauholz Verwendung fanden. So kann man in den Stadtratsbeschlüssen dieser Jahre lesen. Inwieweit die einzelnen Dörfer unter den Bauarbeiten zu leiden hatten, ist der Nachwelt nur vereinzelt überliefert, es mag sich in der einen oder anderen Gemeindekiste noch ein vergilbtes Schriftstück hierüber erhalten haben, dessen Bedeutung man noch nicht würdigen konnte.

Die Arbeiten an den Graacher Schanzen erreichten erst 1797 ihr Ende als man den Franzosen im Frieden zu Campo Formio das linke Rheinufer zusprach".

J. Hönl beschreibt anhand der beigefügten Karte des Plan de la Position du Mont National die Ausdehnung und den inneren Aufbau der Graacher Schanzen, die dank glücklicher Umstände ihren vorgesehenen Zweck nie erfüllen mussten:

Den äußeren Umfang betreffend, erstreckten sieh diese Befestigungen im Süden vom Ahringsbachtal bei Enkirch bis zum Veldenzerbach, an dessen Einmündung in die Mosel bei Lieser und Mülheim befestigte Brückenköpfe gebildet worden waren. Der Kern der Festung erstreckte sich von Graach über die Höhe nach Traben-Trarbach; am nördlichen Ende des Mont Royal schloß eine Erdbefestigung, die von den Preußen stammte [...] den schmalen Bergrücken ab. Das Ahringsbachtal war in Höhe der Kampsteine durch zwei Verhaue gesperrt, wobei sich der südliche, das heißt der Irmenach näher gelegene, westlich den Berg hochzog bis zur Straße Kampsteine - Irmenach, dort sich, in einem Hindernisgraben fortsetzte, anschließend im Walde wieder Verhau, der in einer Schanze endete. Hinter diesem Verhau und Graben lagen fünf Schanzen, die den Zugang nach Trarbach deckten. Zwei Schanzen hiervon, die beim Kampstein und beim Hödeshof schon von den Preußen errichtet worden waren, sind heute noch gut sichtbar. Eine dritte Schanze gegenüber der bei den Kampsteinen liegt in einem kleinen Wäldchen rechts der Straße in Richtung Starkenburg. Etwas zurückgenommen in Richtung Trarbach lagen zwei weitere Schanzen mit der Simmenacher Scheune auf gleicher Höhe, die über dem Schottbachtal, die andere über dem Kautenbach, deren Aufgabe darin bestand, einen möglichen Rückzug über die alte Straße und den Weg Simmenacher Scheune - Trarbach zu decken. Die Befestigung im Norden des Mont Royal diente ebenfalls dazu, den Zugang nach Traben zu sperren.

Die zweite Gruppe von Schanzen lag nördlich von Longkamp und südlich des Hauptwerkes. Sie war in drei Linien gestaffelt und bestand aus 10 Einzelwerken. Sie dienten dazu, einen Rückzug auf das Hauptwerk zu decken. Eine dritte Gruppe von Schanzen hatte man um Monzelfeld errichtet, die ebenfalls drei Linien hatte und 7 Einzelwerke umschloß, mit der linken Flanke den Tiefenbach und der rechten den Veldenzerbach deckend. Letzterer war mit drei Verhauen abgeriegelt. Zwischen Andel und Lieser lag eine Brücke mit befestigtem Brückenkopf, bei Lieser eine zweite mit befestigtem Graben und hüben und drüben der Mosel je zwei Schanzen, die die Einmündungen der Lieser und des Veldenzerbaches bestreichen konnten und den Brückenkopf Lieser deckten.

Das Hauptwerk selbst bestand aus einem zweifachen Gürtel Der Hauptausbau lag um die Höhe 434 senkrecht über Graach nach Osten. Eine zweite Reihe von Schanzen war dem Hauptausbau nach Süden vorgelagert und in drei getrennt liegenden Erdaufwürfen erkennbar. Die Seite nach Süden, die am leichtesten anzugreifen war, wies dann noch weitere kleinere befestigte Punkte auf. Die Hauptbefestigung um die Höhe 434, die Graacher Schanzen genannt, bestand in ihrem Kernpunkt aus zwei großen, rings von Wall und Graben umgebenen Fünfecken, die dicht nebeneinander lagen. In den Winkeln dieser Fünfecke darf man an den erhobenen Stellen Geschützstände vermuten.

Von da liefen Gräben und Wälle nach Nordosten zu zwei 300 und 700 Meter weit entfernt liegenden Vorwerken. Diese beherrschten das tief eingeschnittene Tal von Trarbach. Das am weitesten vorgeschobene Werk hatte Sechseck-Form mit offener Westseite. Es war das größte Vorwerk. Vom Hauptwerk Höhe 434 erstreckten sich nach Westen 4 Meter tiefe und 1,5 Meter breite Laufgräben, die auch noch den Stand der Geschütze erkennen lassen. Sie führten nach Westen bis an die steile Bergnase und bogen dort im rechten Winkel ab, verliefen der Länge nach über den Hang und endigten in einem Kleinen Befestigungswerk über der Graacher Schäferei, das 8 Meter im Durchmesser hatte und wohl mit zwei Kanonen bestückt war. Es deckte mit dem letzten Ende des Laufgrabens den Zugang nach Bernkastel.

Heute fallen die Schanzen noch durch die hohen Dornhecken, dichtes Gebüsch und Ödland auf. In den Gräben steht oft noch Wasser, ein Teil des Geländes ist wieder aufgeforstet.

Dieser Eindruck der Vernachlässigung ist inzwischen jedoch gewichen, denn im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wurden Ende der 1990er Jahre große Bereiche des Hauptwerkes, vor allen Dingen die Gräben, durch die Entfernung des Gebüschs wieder sicht- und sogar begehbar gemacht. Außerdem haben im Jahr 1999 die zwei Geodäsiestudenten Peter Schößler und Christof Krieger einen Teil der Anlage vermessen und vorgeschlagen, die Graacher Schanzen als Geschichtsquelle mittels Schautafeln einem breiteren Publikum näher zu. bringen. [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wehrbauten und militärische Anlagen / Schanzen
Zeit:
13.03.1794
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 7.08122
lat: 49.93401
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Auf Enzerhöhgen

Internet
http://www.graach.de/

Datenquellen
[1] Arthur Weber, Graach an der Mosel. 2002 und Hubertus Schulze-Neuhoff; Wander- und Radlerbroschüre 2000; Sehenswürdigkeiten entlang der Mittelmosel-Schanzen-Tour
[2] Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und von Müffling (1803 - 1820)

Bildquellen
Bild 1: http://www.spuren-der-kriege.de/
Bild 2: http://www.spuren-der-kriege.de/

Stand
Letzte Bearbeitung: 01.02.2016
Interne ID: 24618
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