Burg Lissingen - Historische Aufnahmen

Lissingen, Stadt Gerolstein Prümer Straße 1

Beschreibung
Historisches über Burg Lissingen

…..Zwei Burgen sind es eigentlich, die sich zu einem, auch heute noch, eindrucksvollen malerischen Gebäude auf der rechten Kyllseite zusammenfügen. Sein Vorläufer war ein kleines Burghaus mit Turm, dem ein zweites hinzugefügt wurde dazu ein gemeinsamer starker Wehrturm. Dies alles sicherte eine Umwehrung mit einem einzigen Tor. Mit seiner östlichen Seite grenzte die Anlage direkt an die Kyll, im Westen und Süden füllte die Oos die damaligen Wassergräben und im Norden floß der von der Oos gespeiste Mühlbach an der Burg vorbei.
Anfangs gehörte das Gut zum Prümer Hof Büdesheim, dann wurde es eine selbständige Prümsche Zennerei.
Um 1103 erkennen die Lehensleute Adelgerus und Ruogerus von Liezingen die Rechte und Pflichten der Abtei Prüm öffentlich an.
Eine Urkunde aus dem Jahre 1559 berichtet über die Teilung der Burg. Die Oberburg, wegen der Burgkapelle auch "Katharinenburg" oder "Hahnenflug" genannt, wurde Ende des 16. Jahrhunderts durch einen Anbau auf das Doppelte vergrößert. Die Unterburg entstand 1662 fast ganz neu als geräumige, ansehnliche Anlage. über ihre Räumlichkeiten berichtet ein Inventar aus dem Jahr 1711. Genannt werden: Saal, rote Kammer, Küchenkammer, Saalkämmerchen, Magdkammern, Knechtkammer, Junger gnädiger Herrschaft Kammern, Kammermägdkammer, Cabinetgen der alten gnädigen Frau. Ferner gab es einen Pferdestall, Pfortenstuben, Takenstuben, Sommerstube, Küche, alter Keller, Rauchhaus, Backhaus und eine Schmiede……

Burg Lissingen ist eine der wenigen guterhaltenen Burgen an der Kyll. Es ist also gar nicht verwunderlich, daß sie auch heutzutage die Maler ganz besonders anspricht, die sich sommers dort zur Weiterbildung einfinden. Für viele ist das Motiv: Burg Lissingen. Und so beginnt auch mit einem Maler in meine folgende Geschichte: Bildnis eines Knaben

Eine Erzählung von Burg Lissingen von Wilma Herzog

Die Sommersonne lässt die schiefergedeckten Dächer und Turmhauben der Burg Lissingen in silbernem Glanze leuchten. Auf den Wiesen im angrenzenden Gelände wendet Gesinde das trocknende Gras. Seinen Duft trägt der Wind über die Wassergräben hinauf zur Burg durchs offene Fenster in ein Zimmer im Obergeschoss. Hier mischt er sich mit dem öligen Geruch frischer Farben. Ein junger Maler steht vor einer Staffelei. Gerade zieht er schwungvoll die Jahreszahl 1594 unter das fertige Gemälde und nickt seinem Auftraggeber zu. Dieser erhebt sich vom schweren geschnitzten Eichenstuhl und kommt das Bild aus der Nähe zu betrachten.

Es zeigt einen schönen, etwa 5-jährigen Knaben mit hellen Augen, sein frisches Gesicht umrahmt von blonden Locken, die vergeblich eine weinrote Kappe zu bändigen sucht. Das hochgeschlossene grüne Wams über dem blütenweißen Hemd verleiht dem Kind eine gewisse Würde. In seinen Händen hält es einen ledernen Riemen, der mündet in das Halsband um den Kopf eines gewaltigen braunen Bären.

Der Herr von Burg Lissingen betrachtet mit Wohlgefallen das Gemälde, das seinen einzigen, ihm im späten Leben noch geschenkten Sohn darstellt. Es soll die bildliche Erinnerung sein an die Geschichte mit dem Bären, die erst im Herbst die ganze Burg in größte Aufruhr versetzt hatte.

Der Maler verdankt diesen ungewöhnlichen Auftrag dem Ereignis, das genau vor einem Jahr mit einer tagelangen unerträglichen Schwüle begann. Blitze und ferner Donner meldeten den Beginn eines erlösenden Gewitters. Die Knechte beeilten sich, noch vor dem Einsetzen des Regens das trockene Heu in die Scheunen zu fahren, als etwas Merkwürdiges aus dem nahen Wald auf sie zu kam. Auf allen Vieren tapste ein großer Bär heran und, sich auf ihn stützend, ein Mann in bunter fremdländischer Kleidung. Bald erkannte man am zerfetzten Hemd und blutbefleckten Wams, dass er verletzt sein musste. Der Fremde konnte noch mit ein paar Worten verständlich machen, dass niemand sich vor dem Tier fürchten müsse, dann fiel er ohnmächtig hin. Die Knechte trugen ihn zur Burg, und der mutigste von ihnen führte das Tier.

Der Burgherr gab sofort Weisung, den Verletzten aufs Beste zu versorgen. Als man seine Wunden wusch, fand man neben der am Kopf eine tiefe lebensgefährliche in der Brust, durch die der junge Mann bereits viel Blut verloren hatte. Als er für Momente zu sich kam, berichtete er von einem Überfall im Wald durch zwei Räuber. Sie hatten ihn niedergeschlagen und ihm alles geraubt, auch den Geleitbrief, mit dem der er das dressierte Tier auf Märkten und Festen vorführen durfte. Die Wunde des Fremden blutete bei seinem Bericht unentwegt weiter, auch der persönliche Arzt des Burgherrn konnte, trotz aller Bemühungen, nichts dagegen tun. So kam am selben Abend noch der Tod und breitete seinen kühldunklen Mantel über das Lager des jungen Fremden. Auf dem kleinen Lissinger Friedhof, im Schatten der alten Trauerweide, legten sie den jungen Fremden fernab seiner italienischen Heimat in sein allzu frühes Grab.

Der Bär war nun herrenlos übriggeblieben. Was sollte mit ihm geschehen? Als darüber beraten wurde, meldete sich der vierjährige Sohn des Burgherren zu Wort: "Niemand darf dem Bär etwas tun. Ich mag ihn und will, dass er bei uns bleibt!" Wie konnte der Vater seinem einzigen Kind diesen innigen Wunsch abschlagen? Der Bär erhielt also, zur Freude des Jungen, einen geeigneten Stall auf dem Burggelände, mit großem Auslauf daneben.

Als der Herbst über die Eifelhöhen zog, färbte er die Berghänge bunt und ließ sanft wie Tränen Weidenblätter auf das schmale Grab des jungen Italieners fallen. Nebel stiegen aus dem Kylltal empor und umwallten die Burg. Abends brannten in den Kaminen schon prasselnd die wärmenden Feuer. Da näherte sich, im Schutze des verhüllenden Nebels, eine große Gefahr. Zwei Gestalten überbrückten den Wassergraben mit einer Leiter und legten sie dann an die Burgmauer. Einer stieg hoch, stieß ein Fenster auf und kletterte hinein. Bald steckte er den Kopf wieder hervor und meldete mit gedämpfter Stimme: "Dein Plan war falsch, hier ist es nicht, hier liegt nur ein schlafendes Kind!" Der andere zischte durch seine gehöhlten Hände: "Auch gut, bring wenigstens das mit!" Bald kam dieser mit einem Bündel über der Schulter hervor und stieg die Leiter hinab. Unterwegs erwachte der kleine Junge und fragte, warum man ihn forttrüge. "Sei still!" Befahl der Entführer, "es brennt und wir bringen dich in Sicherheit." Da rief das Kind "laut nach seinen Eltern. Der unten am Fuß der Leiter zischte böse: "Halt dem Balg den Mund zu!" Jetzt wusste das Kind, dass irgendetwas Schlimmes im Gange war, und es rief noch lauter: "Vater! Mutter! Wo seid ihr?" In dem Moment erreichten sie den Grund. Gerade als der Entführer dem Kind den Mund zuhalten wollte, trat plötzlich hinter ihm aus dem Nebel eine riesenhafte Gestalt hervor. Hochaufgerichtet stand der Bär und schlug mit einem Prankenhieb den Verbrecher zu Boden. In panischer Angst ergriff der andere die Leiter, um über ihre rettenden Sprossen auf die andere Grabenseite zu fliehen. Der Bär fasste ihn und hielt ihn mit seiner Tatze nieder.

Die Rufe des Kindes brachten seine Eltern und das Gesinde mit schnell entzündeten Fackeln herbei. Sie erleuchteten den schrecklichen Ort des Geschehens. Tot in seinem Blut lag einer der Bösewichte im Gebüsch, der andere, um Schonung flehend, halbverdeckt unter dem Bären. Ihren unversehrten Sohn aber schlossen die Eltern glücklich in die Arme. Sie schämten sich ihrer Tränen nicht und dankten noch auf den Knien für die Rettung ihres Kindes und Gottes Liebe, die uns Menschen in so mancherlei Gestalt begegnen kann.

Bei der Leiche fand man den Geldbeutel und in ihm den Geleitbrief des Italieners, darin auch die Anschrift seiner Eltern, die nun über seinen tragischen Tod benachrichtigt werden konnten. Der Überlebende erkannte, dass alles Leugnen zwecklos war, und gab den Überfall zu. An Ort und Stelle wollte einer der Knechte den Übeltäter richten, das ließ der Burgherr nicht zu. Denn er sollte vor Gericht gestellt und seiner gerechten Strafe zugeführt werden.

Im roten Saal von Burg Lissingen aber hing seither, in Erinnerung an jene wunderbare Rettung, das Bildnis des Knaben mit dem Bären. [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wehrbauten und militärische Anlagen / Burgen
Zeit:
Circa 500 nach Chr. bis circa 1220
Epoche:
Frühmittelalter / Romanik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.639605
lat: 50.216519
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.burg-lissingen.de/

Datenquellen
[1] Wilma Herzog, Gerolstein, 2015.

Bildquellen
Bild 1: Fredy Lange (Ansichtskarte, 1934 ). Sammlung Wilma Herzog, Gerolstein, 2012. © Edith Lange-Löckenhoff.
Bild 2: Fredy Lange (Ansichtskarte, 1934 ). Sammlung Wilma Herzog, Gerolstein, 2012. © Edith Lange-Löckenhoff.
Bild 3: Fredy Lange (Ansichtskarte, 1934 ). Sammlung Wilma Herzog, Gerolstein, 2012. © Edith Lange-Löckenhoff.
Bild 4: Fredy Lange (Ansichtskarte, 1934 ). Sammlung Wilma Herzog, Gerolstein, 2012. © Edith Lange-Löckenhoff.
Bild 5: Sammlung Wilma Herzog, Gerolstein, 2015.

Stand
Letzte Bearbeitung: 05.01.2015
Interne ID: 24624
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=24624
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