Kirche Sankt Peter in Ketten - Kirchengeschichte

Irrhausen, Gemeinde Irrhausen Hauptstraße

Beschreibung
Irrhausen und seine Pfarrkirche Sankt Peter in Ketten

An den Bächen von Irsen und Manner liegt das heute etwa 200 Einwohner zählende Dorf Irrhausen, das "Zweibächedorf" mit "Confluenz", Zusammenfluss. Die bisher erste urkundliche Erwähnung des Namens Irsen ist zu finden in einer Urkunde aus den Jahren 751-768 in der es heißt: "Hartuwinus und Gemahlin schenken einen Wald inter fluvium Urem et Uruersem", worin die Our und der Nebenfluss Irsen zu verstehen ist.[1] In den vergangenen Jahrhunderten hat der Name des Ortes verschiedene Schreibweisen erfahren. Schon Kelten und Römer siedelten in dieser Gegend. Die ältesten Urkunden lassen vermuten, dass Irrhausen schon im 11. Jahrhundert bestand. Interessant ist der Fund eines Lektionars um das Jahr 1060[2]. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde hier ein Nachtrag beigefügt, woraus hervorgeht welche Pfarreien an verschiedenen Tagen zur sogenannten "Prümer Pflichtprozession" zur Abtei Prüm verpflichtet waren. Auf dem Blatt 4: Feria Sexta post ascensionem [3] stehen unter anderen Hurnise, das ist Irrhausen dann folgt Archeueilt [4] In dieser Aufstellung des 15. Jahrhunderts. Sind 85 Dörfer aufgeführt, die hier mit den alten Namensbezeichnungen genannt werden. Es ist erwiesen, dass der Schreiber in Prüm damals auf eine Vorlage des 12 Jahrhunderts zurückgegriffen hat.

In seiner weltlichen und kirchlichen Zugehörigkeit war der Ort jahrhundertelang geteilt. Die Häuser rechts der Irsen gehörten zur Grafschaft Vianden und zur Urpfarrei Daleiden; die Häuser links der Irsen mit der Kapelle dagegen zur Herrschaft Ouren und zur Pfarrei Arzfeld. Beide Seiten gehörten zur Diözese Lüttich. Im 10. bis 11. Jahrhundert erfolgte eine Grenzziehung zwischen den Bistümern Lüttich und Trier. Die Pfarreien Eschfeld und Olmscheid wurden ausgesprengelt und gehörten von da ab zur Diözese Trier. Somit bildeten die Pfarreien Daleiden und Arzfeld mit der Filiale Irrhausen den sogenannten "Lütticher Einschnitt".

Die Irres, oder auch Irsenbach, bildete in alten Zeiten einen Grenzfluss, so auch aus der Karte der Grafschaft Vianden des 17. Jahrhunderts. Zu sehen. Der Irsenbach bis zur Höhe von Jucken mit Wermbach bildete die Grenze zwischen den Herrschaften Dasburg und Vianden[5]

Vor Jahrhunderten war Irrhausen ein Köhlerdorf.[6] In der Waldregion auf "Huschet" brannten Köhlermeiler.[7] Noch vor Jahren waren den Irrhausener Einwohner die Stellen, an denen auf "Huschet" schwarze Erde zu finden war, bekannt. Man entnahm diese schwarze Erde, um sie an Allerseelen auf die Gräber zu legen

Im Brauchtum der Gräbersegnung an Allerseelen hat sich in Irrhausen eine besondere Tradition erhalten, dass die Gläubigen nicht vor dem Grab mit Blickrichtung zum Kreuz stehen, sondern hinter dem Kreuz. Dies hat einen tieferen Sinn: sie schauen, wie auch ihre hier bestatteten Angehörigen, in Blickrichtung zum Tabernakel in der Kirche, mehr noch: ihre Blickrichtung richtet sich gegen Osten; im Osten steht die aufgehende Sonne, Sinnbild des Auferstandenen Christus. Die Kirchen der frühen Christenheit sind geostet. Es wäre mal interessant auf die Kirchen gegen Osten zu achten.

Wann die erste Kapelle in Irrhausen erbaut wurde ist strittig. Aus einer Urkunde des Jahres 1427, dem 18.März, lesen wir:"Uf Dienstag neist nae sondach reminisscere- Guillaume de Maelborch et Agnes de Orren, sa femme, font donation à la chapelle de Urssen de la petite dime de ce lieu, rachetable par 31 florins du Rhin." Copie certifiée. Papier[8] Danach ist zu schließen, dass schon 1427 in unserem Dorf Irrhausen eine Kapelle gestanden hat. Eine alte Urkunde aus dem Jahre 1485 erwähnt eine Kapelle zu Irrhausen, die ein Anhang (Filiale) von Arzfeld ist.

Der Filialzustand in Irrhausen wurde mit "Ordonnance", Anordnung des Bischofs von Metz G.J. André Joseph Jauffret vom 15.Oktober 1808 aufgehoben, somit zur eigenständigen Pfarrei erhoben.[9] Deshalb kann Irrhausen im Jahre 2008 seine 200 jährige Pfarrei feieren. Sicherlich ein besonderer Anlass dies in gebührender Weise zu begehen.

Die Kapelle war ein einschiffiger, spätgotischer und geosteter Bau, dessen Turm über dem Chorraum stand, während der Turm der heutigen Kirche die Westfassade bildet.



Pfarrer Clemens Jakob Maria Bremig, Erbauer der Neuen Kirche.

Am 4. Mai 1895 war Pastor Clemens J.M. Bremig nach Irrhausen gekommen. Schon 2 Jahre nach seinem Amtsantritt schrieb er an die Bischöfliche Behörde in Trier, dass die Kapelle baufällig und ein Neubau unumgänglich sei. Erst als die Kapelle am 11.10.1899 wegen Baufälligkeit polizeilich geschlossen worden war, wurde der Bau einer neuen Kirche nach Plänen des Architekten L.von Fisenne, Koblenz, genehmigt.

Da die Kirchengemeinde die Kosten nicht allein aufbringen konnte, durfte eine Haussammlung in den Regierungsbezirken Trier, Koblenz und Aachen gehalten werden. Pastor und Kirchenvorstand machten sich auf den beschwerlichen Weg und brachten, meist in Pfennigbeträgen, die Summe von 15 Tausend Mark zusammen. So konnte die Finanzlücke geschlossen werden. Im Archiv befinden sich noch die Sammelbücher, die davon Zeugnis geben, wie mühselig dieses Unterfangen war.

Im Juli 1901 wurde der Grundstein zur Kirche gelegt. Der Neubau ging rasch voran. Bereits am 10. Juli 1902 konnte in der neuerbauten Kirche Gottesdienst gefeiert werden.

Am 2. Juli 1903 wurde dann die im neugotischen Stil erbaute Pfarrkirche "Sankt Petrus in Ketten" von Weihbischof Karl Ernst Schrod[10] feierlich konsekriert.[11] Bald wurden auch drei neue Altäre angeschafft, und im Jahre 1922 kamen Kanzel und Kommunionbank hinzu. Teile des Altars der alten Kirche befinden sich in der ehemaligen Mutterpfarrkirche von Arzfeld.

Im Hochaltar stehen die Figuren der heiligen Petrus (Patron der Kirche), Papst Clemens (Patron des Erbauers Pastor Clemens Bremig), Antonius, der Einsiedler und Aloisius.

Der rechte Seitenaltar ist dem Herzen Jesu geweiht und der linke Seitenaltar der unbefleckt empfangenen Gottesmutter Maria.

Im 2.Weltkrieg blieb die Kirche nicht verschont. Sofort nach den Kriegseinwirkungen machten sich die Irrhausener daran, die Schäden an ihrer Pfarrkirche zu beseitigen. Im Jahre 1952 wurden unter Pfarrer Nik. Lewen neue Kirchenfenster angeschafft. Zuerst wurden die Fenster im Chorraum erneuert. Im rechten Fenster sehen wir den Engel Raphael mit Tobias (zum Gedenken an die Vermissten des II.Weltkrieges), im linken Fenster den Erzengel Michael (zum Gedenken an die Gefallenen) und im mittleren Fenster ist die Himmelfahrt Mariens dargestellt (zum Zeichen der Hoffnung auf ewiges Leben. 1950 Dogma unter P.Pius XII.). Die Fenster im Schiff hatten keine figürlichen Darstellungen. Die neugotische Ausmalung wurde überstrichen.

Besondere Erwähnung verdient der neue Treppenaufgang, der im Jahre 1966 erstellt wurde.

Einen neuen Außenanstrich erhielt die Kirche im Jahre 1987; und schon im darauf folgenden Jahr konnte eine neue Orgel angeschafft werden. Sie ist ein einmanualiges Rückpositiv mit mechanischer Traktur. Die Orgel mit 7 Register wurde von der Firma Lothar Simon aus Borgentreich bei Paderborn gebaut. Am Pfingstfest, dem 22.Mai 1988 fand die Orgelweihe durch Herrn Regionaldekan Josef Pauken statt.

Für 1993 stand das neunzigjährige Jubiläum der Kirchweihe an, und die Erinnerung an die frühe Ausmalung der Kirche war bei vielen Irrhausenern lebendig. Daher beschlossen Pfarrgemeinderat und Verwaltung mit Pastor Willi Kneip einen lange gehegten Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen: die Innenrenovierung der Pfarrkirche. Im Oktober 1992 wurde die Kirche ausgeräumt und die Arbeiten konnten beginnen. Restaurator Patrick Krämer aus Dasburg trug die Farben des letzten Anstrichs ab; die ursprüngliche Ausmalung kam wieder zum Vorschein und konnte restauriert werden. Die Firma Metz, Daleiden, legte einen neuen Fußboden; die Firma Schwickerath aus Waxweiler erneuerte die Elektroinstallation und die Lautsprecheranlage. Aus den Flügeln der Kommunionbank wurde ein neuer Zelebrationsaltar geschaffen.

Der Taufstein wurde im Chorraum aufgestellt, und die ehemalige Taufkapelle zur Muttergotteskapelle umgestaltet. Sie ist jetzt ein rechtes Kleinod der Kirche. Die Pietá ist eine Kopie der "Marienklage" um 1440/50 aus der Frauenkapelle in Fischen im Allgäu. Diese bildliche Darstellung wurde von Irrhausenern gestiftet. Die von vielen Helferinnen und Helfern in monatelanger Mühe erbrachten Eigenleistungen sind nicht zu zählen.

So konnte die Pfarrei Irrhausen am Sonntag, den 27. Juni 1993 in der neu gestalteten Pfarrkirche das Jubiläum der Kirchweihe feiern. Der Festgottesdienst wurde noch dadurch hervorgehoben, dass eine Reliquie des seligen Peter Friedhofen in feierlicher Prozession zur Kirche getragen wurde und nun im neuen Altar ruht. Diese Reliquie wurde von Bruder Niketius Munkler, einem Sohn der Pfarrei, seiner Heimatpfarrkirche geschenkt.

Der Festausschuss hatte alle auswärts lebenden Frauen und Männer zum Jubiläum ihrer Heimatpfarrkirche eingeladen, und viele, viele kamen. Es wurde ein Fest, das sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Pastor Jakob Clemens Maria Bremig, der Erbauer der Kirche, besuchte im Jahre 1941 noch einmal seine ehemalige Wirkungsstätte. Bei der Feier der heiligen Messe sagte er, dass ihm diese Kirche "die teuerste und unvergesslichste Stätte seines Lebens" sei. Pastor Bremig starb am 20.Oktober 1944 in Linz am Rhein, wo er auch neben der dortigen Pfarrkirche beigesetzt ist. R.I.P.

Ein Wunsch: möge der Vorplatz des Pfarrhauses demnächst als

"Pastor Bremig-Platz"

benannt werden. [12]


Quellen:

[1] Camillus Wampach, Geschichte der Grundherrschaft Echternach, aus dem Liber aureus epternacensis (698-1222) Nr.55 der Urkundensammlungen, Seite 119u.120.

[2] dieser Fund kam in die Hände des englischen Lords Crawford und wird heute aufbewahrt in der John Rylands Library zu Manchester unter der Signatur: Latin MS 7.

[3] das ist am Tage nach Christi Himmelfahrt

[4] das ist Arzfeld

[5] Karte : Le Comté de Vianden au XVII. Siecle in Niketius Munkler, Irrhausen Bd.I, Seite 25.

[6] So ist Maus, Christian,um 1740 in Mettendorf geboren, Sohn des Urban Maus aus Daleiden, verheiratet mit Leibesch Catharina aus dem Willmes Haus in Daleiden, in seiner "Profession" (Beruf) als Köhler ausgewiesen. War später Oberhofsgerichtsrat.

[7] Der Name « Huschet » u. « Mechel Huschet » geht auf damals existierende Familien dieses Namens zurück, welche die Besitzer dieser Grundstücke waren. So ist dieser Name seit um 1670 in Roscheid, EschfeldundBinscheid zu finden. Und um 1730 Husch modo (genannt) Heintzen in Irrhausen, hier wahrscheinlich das Alte Haus "Henzen", heute a.d. Mannerbach, gemeint.

[8] Archives de Clervaux, par Würth-Paquet 1883, Seite 158, Nr.809

[9] Br.Niketius Munkler, Bd.I.S.377-379, Irrhausen

[10] Weihbischof Karl Ernst Schrod, geb.13.03.1841 in Bickendorf, † 10.04.1914 in Trier, beigesetzt am 14.04.1914 in der Weihbischofskapelle im Trierer Kreuzgang.

[11] Das "Fest Petri Kettenfeier" wurde in der liturgischen Kalenderreform gestrichen; doch für d. Patrozinium i. Irrhausen wurde eigens ein Indult (Befreiung von kirchlichem Gesetz) von Rom gewährt

[12] Herausgeber: Kathol. Pfarramt Irrhausen

Textergänzung: Bruder Niketius, Koblenz

Quellen: Peter Oster: Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier.

Alois Mayer: Festschrift: Pfarrei Irrhausen - SanktPeter in Ketten- 1903 – 1993

Foto und Gestaltung: Handarbeit von Bruder Niketius Munkler [1]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Fisenne von, Lambert (Architekt) Gelsenkirchen
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Katholische Kirchen
Zeit:
1901
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.212840
lat: 50.080927
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Im Dorf

Internet
http://www.irrhausen.de/

Datenquellen
[1] Bruder Niketius Munkler, Koblenz, 2008.

Bildquellen
Bild 1: http://www.islek.de/Gemeinden/Irrhausen/irrhausen.htm
Bild 2: © skworez72 in http://www.flickr.com/

Stand
Letzte Bearbeitung: 17.03.2008
Interne ID: 2478
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=2478
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