Statue Sankt Antonius von Padua

Gerolstein, Stadt Gerolstein Hauptstraße 2

Beschreibung
Dieses kleine Heiligenhäuschen beherbergt eine sehr alte und beliebte Heiligenfigur, gewiss schon weit über 100 Jahre alt.
Dieser Hl. Antonius mit dem Jesuskind auf dem Arm stand erst bei Kleifgens Haus in einem eigenen Kapellchen. Nachdem dieses baufällig wurde, baute man einen kleinen Schrein ans Haus und stellte die Figur da hinein.
1960 wurde das alte Haus abgerissen das gesamte Areal für ein großes Bauwerk genutzt und der Architekt Goebel hatte die Idee, den HL. Antonius an die Ecke des Gebäudes zu platzieren. Egal an welchem Standort er sich befand, der Heilige hatte stets frische Blumen und eine brennende Kerze vor sich.

Heute ziert eine Plastikblume den Heiligen. Es gab seit jeher einen kleinen Opferstock in seiner Nähe. Wer den Heiligen wieder mal erfolgreich um verloren gegangene Dinge gebeten hatte, tat eine Münze in den Opferstock.
Bis in die 60er Jahre war der Hl Antonius Mittelpunkt eines der 4 Gerolsteiner Fronleichnamsaltäre.


Das Wunder vom Hl. Antonius

Wer von uns hat nicht schon einmal auf ein Wunder gehofft? Mit einem kleinen wäre man ja schon zufrieden gewesen, weil sich die großen ohnehin weit fort, im Heiligen Land, und auch noch vor sehr langer Zeit ereigneten. Dass man sich aber bei all dem Bitten und Flehen darum nicht so ganz verlassen vorkäme, hätte da nicht schon ein Wünderchen uns die dringend benötigte Zuversicht geschenkt? Sogar eins aus zweiter Hand wäre noch von Wert, also jemanden persönlich zu kennen, dem eins zuteil wurde. Ich kann über ein solches Wunder in der Tat berichten. Es passierte im Jahr 1920, in unserer Eifel, in allernächster Nachbarschaft sogar. Es fing in Büscheich wie folgt an:

Daheim auf ihrem Holzplatz standen Maria und Pitter, sie sägten so recht und schlecht Holz. Für Kinder war das schon eine schwere Arbeit, die Säge gleichmäßig hin und her über den Buchenstamm zu ziehen. Sie hatten bereits Blasen an den Händen als plötzlich ihre Mutter von der Haustüre aus rief:
"Maria, doon es schwenn en reenlisch Schierz än on loof m'r es jet Häffe koofe [1]!"
Dem Aufruf folgte das Mädchen nur allzu gern. Allein konnte der Achtjährige jetzt auch nicht mehr weitersägen, er wollte unbedingt mitgehen. Die zehnjährige Maria freute sich, dass sie nicht allein durch den dunklen Wald musste, denn frische Hefe gab’s nicht im Ort, sondern beim Bäcker in Gerolstein.
Es war auch schon ganz gut, dass Pitter mitging, sonst wäre bei dem Wunder kein Zeuge dabei gewesen. Maria steckte die zwei Groschen in die Schürzentasche, dann liefen die Kinder durchs Dorf.
"War loft dir dann esu hooß, on dou on d'r sondesser Schierz [2]?" wollten die Nachbarn wissen.
"Mir john Häffe koofe [3]," erwiderten die Kinder stolz darauf, dass sie weder Holz sägen, noch jäten, oder Kühe hüten mussten, wie die anderen, die ihnen aus Gärten oder aus den Leyen beim Hütedienst nachriefen:
"Dir Foulänzer elo, joht wärtes ald spazere [4]!"
Der Neid der anderen Kinder vergrößerte sogar noch das sonntägliche Gefühl, das sie durch diesen Auftrag spürten.
Pitter, der längere Wege nie ohne sein neues Klappmesser machte, schaute sich am Wegrand die Haselnusshecken mit fachmännischem Blick an und schnitt sich bald einen schönen Haselnussstock, den er im Weitergehen mit kleinen Ritzen verzierte. Dann spielten sie "Fanges" und kamen dadurch ganz schnell weiter, zumal sie noch über die "Plättekoul", das heißt "iwerrischt" gingen. So schien es ihnen, sie erreichten ganz schnell die Höhe von Kockerath, von der sie Gerolstein im Tal vor sich liegen sahen. Von da ab ging’s bergab. Sie liefen am Kalkofen vorbei, an der Kirche gingen sie aber Schritt, segneten sich und sagten laut: "Gelobt sei Jesus Christus". Jetzt bogen sie direkt vor der Kirche ab und stiegen rasch die vielen Treppenstufen am "Klibersch [5]" runter, dann standen sie auch schon im Laden.
Sofort wurden sie allerdings nicht bedient, es waren andere Kunden vor ihnen. Eine Frau kaufte feine knusperige Brötchen und sogar noch zwei von den braunglänzenden Schnecken mit Rosinen drin.
Ein etwa sechsjähriger Junge kam jetzt an die Reihe, er zeigte auf das große Glas, gefüllt mit herrlichen dicken roten Himbeerkaramellen. Er kaufte eine davon und steckte sie auch gleich in den Mund. Als er aber sah, dass ihm zwei paar begierig blickende Kinderaugen dabei zuschauten und nicht von ihm lassen konnten, drehte er sich an der Ladentür, vor dem Herausgehen noch einmal extra herum, hob den Kopf etwas an, blinzelte aus fast geschlossenen Augen zu ihnen herüber - und drehte dabei den dicken Bonbon betont langsam und übergenüsslich von einer Backenseite langsam auf die andere. Als er die Türe endlich hinter sich geschlossen hatte, wartete die Bäckersfrau mit Kopfschütteln schon ungeduldig, denn Maria war längst an der Reihe. Sie mühte sich Hochdeutsch zu sprechen:
"Für einen Schroschen Hefe!" sagte sie.
Die Bäckersfrau schnitt mit einem scharfen Messer eine gutbemessene Scheibe vom großen Block ab, wickelte sie ein und reichte sie über die Theke. Maria griff in die Schürzentasche nach dem Geld - aber darin war - nichts.
Sie fand es auch nicht in der anderen Tasche und die Bäckersfrau veränderte ihr Gesicht zu einer strengen Miene mit zusammengepressten Lippen, aus denen kein Wörtchen mehr herauskam. Kleiner geworden vor Schreck verließen die Kinder langsam das Geschäft.
Am liebsten wären sie wie Vögel weggeflogen, zurück auf ihren Holzplatz und hätten nichts von ihrem bis vorhin noch so glücklichen Einkaufsgang gewusst.
"Moots dou dann och esu heppe6!" sagte Pitter vorwurfsvoll zu seiner Schwester, die gegen ihre Tränen ankämpfte.
"Esch hat et Jeld doch esu jot on Zeidungspabeijer onjedräht.
Awer weeßte wat? Mir john eweilen heem on seeken et Jeld ennerwäß.
Mir bedden z'm hellijen Antunnius, dä saal os helfe [7]!"
Denn viel stärker als alle Angst war ihr fester Glaube an den Hl. Antonius, der im Frühjahr dem Vater erst das verloren gegangene Schlotterfass wiedergebracht hatte und der "Jott" die verlegten Strickeisen.
Eine Suche von fast sechs Kilometern Länge lag vor ihnen, und keinen Moment würden sie aufhören, den Hl. Antonius zu bitten, sie ihr verlorenes Geld wiederfinden zu lassen. Ab jedem Fundort würden sie zurücklaufen, um eiligst die Hefe zu kaufen.

Die Kinder teilten sich also die Straße auf, sobald sie aus Gerolstein heraus waren, von da ab ging jedes auf seiner Seite durch den Straßengraben. Pitter benutzte seinen neuen Stock bei der Suche und Maria scherte das Gras mit ihren Schuhen auseinander. Es bedrückte sie natürlich auch der Gedanke, was sie daheim erwartete, wenn sie ohne Hefe zurückkämen.
Der größte Teil des Weges lag noch vor ihnen, und Maria stand gerade dort, wo Ausgangs Gerolsteins auch noch heute auf der linken Seite das alte Juffernkreuz steht, sie rief aufgeregt:
"Pitter, komm es flott!"
Er kam und schaute herunter auf das, was die Schwester ihm zeigte, kniete sich, löste mit seinem Stock das halb in der Erde steckende Geldstück, zog es dann heraus und hielt es Maria nah vor die Augen.
"O, hellijen Antunnius!" rief sie, "fönnef Marek! O Pitter, e Wonner [8]!"
Und gegen den Himmel gerichtet sagt sie so recht aus ihrem Herzen:
"O Hellejen Antunnius, mir danken Dir!"
Dann reibt sie mit der Ecke ihrer Sonntagsschürze das Geldstück bis es blank ist. Sie hält es fest in der Faust während sie zur Bäckerei zurücklaufen. Sie beachtet den verwunderten Blick der Bäckersfrau nicht, als sie die große Münze auf die Theke legt. Nachdem sie die Hefe erhalten hat, zeigt Maria auf das Himbeerenglas und bestellt, ohne erst Hochdeutsch zu bemühen:
"Lovän en joot Tuut voll [9]!"
Damit laufen sie aus dem Geschäft und hinunter in den Flecken, denn das hatten sie sich vorgenommen. Beim Bauer Schüssler stand damals der heilige Antonius, ganz genau so wie er auch noch heute an dem modernen Haus hinter Glas geschützt an der Ecke steht und das Jesuskind auf dem Arm hält.
Fünf Groschen stecken sie in den Opferstock für Blumen und Kerzen, dann beten sie gemeinsam laut ein ganzes "Vater unser". Als das getan ist, stößt Pitter seine Schwester ungeduldig in die Seite und fordert:
"Nou mach es endlech de Tuut elo op on deel us! [9]"
Voll innigem Dank über sein schönes Wunder sieht Maria vorher noch einmal hin zu dem guten Heiligen, der aber schaut weit über die Kinderköpfe hinweg, er tut geradeso als sei überhaupt nichts geschehen.
Zufrieden stecken sich die beiden glücklichen Kinder endlich dicke Himbeerkaramellen in den Mund, ein Genuss von dem sie ohne den Hl. Antonius nur hätten träumen können. Sie lecken sich auch noch die Finger ab, die voll süßem Puderzucker sind. Dann machen sie sich glücklich auf dem Heimweg.

Die Stelle wo dieses Wunder passierte, kann ich euch heute noch zeigen. Denn die wunderbare Geschichte konnte ich in meiner Kindheit nicht oft genug hören. Außerdem lauschte ich ihr, sozusagen, aus erster Hand, denn meine Mutter war Maria.

[1] Maria, zieh mal schnell deine Sonntagsschürze an und laufe mir etwas Hefe kaufen!
[2] Wohin lauft ihr denn so schnell, und du in deiner Sonntagsschürze?
[3] Wir gehen Hefe kaufen.
[4] Ihr Faulenzer dort geht werktags schon spazieren!
[5] Kleeberg (Grundstücksname)
[6] Musstest du denn auch so hüpfen!
[7] Ich hatte das Geld doch so gut in Zeitungspapier eingedreht. Aber weißt du was? Wir gehen jetzt heim und suchen das Geld unterwegs.
[8] O Heiliger Antonius, fünf Mark! O Pitter, ein Wunder!
[9] Davon eine gute Tüte voll! Nun mach endlich mal die Tüte auf und teile aus! [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Heiligenhäuschen
Zeit:
Undatiert
Epoche:
Undatiert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.65983
lat: 50.22216
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.gerolstein.de/

Datenquellen
[1] Wilma Herzog, Gerolstein, 2013.

Bildquellen
Bild 1: © Wilma Herzog, Gerolstein, 2013.
Bild 2: © Wilma Herzog, Gerolstein, 2013.

Stand
Letzte Bearbeitung: 29.09.2013
Interne ID: 30129
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=30129
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