Frankenturm - Ausstellung

Ausstellung
Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Dietrichstraße 6

Beschreibung
Vom Mittelalter-Wohnturm zum verwaisten Baudenkmal: Die wechselhafte Geschichte des Frankenturms

Von Redakteur Roland Morgen, Trierischer Volksfreund.

Foto: Gestutzter Riese um anno 1903: Nur zweieinhalb von ursprünglich fünf Stockwerken sind vom Frankenturm übrig geblieben. Die Rekonstruktion auf heutige Höhe erfolgte 1938.
Stadtarchiv Trier, Sammlung Deuser

TRIER. Wiederbelebung für einen 900-Jährigen: Ein Fachhochschul-Projekt lässt den Frankenturm zu neuen Ehren kommen. Der Beginn einer neuen Ära?

Das hätte sich Franco von Senheim nicht träumen lassen: Die einzigen, zu Beginn des dritten Jahrtausends seinen stolzen Wohnturm wirklich zu schätzen und nutzen wussten, waren die Altstadt-Tauben. Zu Hunderten bevölkern sie das Schmuckstück mittelalterlichen Komforthaus-Baus. Dann brachte der FH-Fachbereich Architektur wieder menschliches Leben in das so lange verwaiste Gemäuer.

Dem Frankenturm gaben keine Franken seinen Namen, sondern Franco von Senheim, im späten 14. Jahrhundert sein Besitzer. Das romanische Burghaus steht für den Beginn einer neuen Epoche in Triers Siedlungsgeschichte. Um das Jahr 1100 hatten die reichen Bürgerclans es satt, ihr Dasein in Holzbauten zu fristen ausgenommen diejenigen, die sich bereits Generationen zuvor in Römerruinen wie Kaiser- und Barbarathermen häuslich eingerichtet haben. Wer es sich leisten konnte, errichtete seine eigenen vier Wände. Aus Stein.

Selbst bei den hochmittelalterlichen Häuslebauern standen die Römer Pate. Warum denn in der Ferne abbauen, wenn das Gute liegt so nah? Genau genommen überall im Stadtgebiet, das übersät ist mit Trümmern der untergegangenen Kaiserresidenz. Das Mittelalter fraß die Antike auf, wie es der Trierer Archäologe Lukas Clemens (40) so treffend formulierte. Alles ließ sich im Falle Frankenturm wiederverwerten: Sandsteinquader à la Porta Nigra für Erdgeschoss und Mauerecken, kleinere Kalksteine fürs restliche Mauerwerk. Selbst der Sinn fürs Dekor musste nicht zu kurz kommen. In regelmäßigen Abständen zieren Ziegelbänder die Fassade. Das Ergebnis des Material-Recyclings kann sich sehen lassen. 30 Meter hoch und in 1a-Lage errichtet: Nur einen Steinwurf vom Hauptmarkt entfernt, dem Herzen der Stadt.

Eine alles andere als bescheidene Behausung. Nicht einmal ein Dutzend Adelsgeschlechter genossen im frühen 12. Jahrhundert den Schutz solch wehrhafter Domizile, in dem man sich zur Not für längere Zeit verschanzen konnte. Denn Trier besaß damals noch keine Rundum-Befestigung.

Die Bauweise verrät viel über die unruhigen Zeiten in der offenen Stadt. Das Sicherheitsbedürfnis war größer als die Lust auf Licht und Aussicht. Lediglich zur Nordseite) Dietrichstraße hin gibt es zwei Rundbogenfenster; die übrigen Öffnungen wirken wie Schießscharten. Der Original-Eingang befindet sich an der Ostseite im ersten Stock, erreichbar über eine einziehbare Holztreppe.

Wie lange der düstere Turm als Wohnhaus diente, ist ungewiss, aber bereits in Franco von Senheims Tagen dürfte er als unmodern und überholt gegolten haben. Erst Friedrich Kutzbach (1873 - 1942), Triers hochverdienter Stadtkonservator, lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit wieder auf das inzwischen zur Ruine verkommene und als Lagerraum dienende Baudenkmal.

Ausgerechnet die Nationalsozialisten realisierten Kutzbachs Rekonstruktionspläne, allerdings nicht in seinem Sinne: 1938 wiederaufgebaut - um ein Stockwerk niedriger als im Mittelalter -, sollte der Turm als HJ-Heim dienen und einen Fahnensaal erhalten. Doch dazu kam es am Vorabend des Krieges nicht mehr. Der Innenausbau blieb Planung, weil nun der Westwall-Bau oberste Priorität genoss und viele andere Projekte auf Eis legte.

Nach dem Krieg besannen sich die Trierer wieder auf ihren Frankenturm. Die Stadt kaufte die angrenzenden Trümmergrundstücke, stellte ihn frei und sanierte seine Ostseite, erinnert sich Helmut Lutz (68), Triers langjähriger Denkmalpflegeamts-Chef. Nutzungskonzepte zuhauf, einige davon fix und fertig, beschäftigten den Stadtrat seit den 60er Jahren. Eine Weinstube, eine Galerie für Designer-Möbel, ein Handwerksmuseum sollten hinein, der Kaufmann Ludwig Schellenberg liebäugelte gar mit einem Musikstudio im Mittelalter-Ambiente. An Interessenten mangelte es nie, weiß Lutz, dem der Frankenturm sehr am Herzen liegt. Aber letztendlich scheiterten alle Projekte an Finanzierbarkeit, Rentabilität oder der geringen Grundfläche von 90 Quadratmetern, im Falle der Möbel-Galerie am massiven Veto der Trierer Möbelhändler.

Anno 2001 hat die Fachhochschule wieder die Initiative ergriffen. Der Fachbereich Architektur lässt - mit städtischem Segen - eine 20 Jahre alte Idee von Innenarchitektur-Professor Franz-Xaver Putschögl aufleben: Den Turm öffnen! Die derzeit laufende Ausstellung von Diplomarbeiten bringt viele Trierer erstmals in den Genuss, den Frankenturm von innen zu erleben. Die Reaktionen sind durchweg positiv. Der FH-Vorschlag liegt auf dem Tisch: Den Frankenturm dauerhaft nutzen - als Haus der Kunst.

Die Ausstellung dauerte bis einschließlich 29. Juli 2001.

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Bildungsstätten / Ausstellungen, Kulturzentren und Gedenkstätten
Zeit:
Circa 500 nach Chr. bis circa 1220
Epoche:
Frühmittelalter / Romanik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.639650
lat: 49.757069
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Am Frankenturm

Internet
http://www.intrinet.de/20010723/ts424260.htm

Datenquellen
Roland Morgen © Copyright 2001 Trierischer Volksfreund http://www.intrinet.de/20010723/ts424260.htm

Bildquellen
Bild 1: Stadtarchiv Trier, Sammlung Deuser
Bild 2: Schultz, Alwin: Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger, Bd.1 [1898]
Bild 3: Juliana Fabritius Dancu, 1984.
Bild 4: © Norbert Kutscher, Waldweiler, 2012.

Stand
Letzte Bearbeitung: 02.08.2014
Interne ID: 3403
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3403
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