Unterm Peil die Steilwingerten
Schoden, Gemeinde Schoden
Beschreibung
Der Flurname Wingert - Die ältesten deutschen Bezeichnungen für das mit Rebstöcken bepflanzte Land stammen aus der Sprachperiode des Althochdeutschen. Die aus der Zeit vor dem Jahre 1000 bezeugten Wörter wîngart m., wîngarto m., wînstat f. bedeuten allesamt "Weingarten", "Wingert".Das früheste Zeugnis für die Bezeichnung Weinberg stammt aus dem 13. Jahrhundert aus der Gegend von Kölleda in Thüringen: in monte, qui vocatur der wînberch. Es handelt sich hierbei um einen Flurnamen. Das Wort Wingert ist also sprachhistorisch älter als Weinberg. Die sich zeitlich anschließenden Belege des Spätmittelalters für Weinberg gehören nach Göttingen, Erfurt und Schlesien. In der mittelhochdeutschen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts ist wîngart / wîngarte vorhanden, wînberg hingegen fehlt. Andere Bezeichnungen für das mit Rebstöcken bepflanzte Land sind im 13. Jahrhundert rebeacker m., rebegarte m., rebestücke n. Das Wort rebe f. kann zu dieser Zeit bereits pluralisch verwendet werden und bezeichnet dann nicht nur eine Vielzahl von Reb-/Weinstöcken, sondern bedeutet 'Rebland, Weingarten'. In hoch- und spätmittelalterlichen Textquellen aus dem Mittelrheingebiet (Bingen, Lorch, Mainz), ist das Wort Weingarten (wingarde, wingarten) seit dem 13. Jahrhundert, Wingert (mit der Schwächung -garten > -gert) seit Ende des 14. Jahrhunderts bezeugt. Weinberg hingegen tritt deutlich später und zunächst vor allem in hessischen Quellen (Kassel, Kaufungen) auf, zum Teil weit entfernt von den traditionellen Weinbaugebieten am Rhein.
Das Wort Weinberg scheint seinen Ursprung im Osten des deutschen Sprachgebiets zu haben. Weinberg bezeichnet nun keinesfalls einen Berg,auf dem Wein wächst, sondern einen Berg oder einen Hügel, auf dem Rebstöcke gepflanzt sind. Die Früchte der Rebstocke sind die Trauben, deren flüssiger Inhalt zu Wein vergoren wird. Das Wort Weinberg dürfte daher als sogenannte Klammerform aufgefasst werden, das aus Weinbeerenberg, Weintraubenberg oder ähnlich gekürzt ist. […] In den rheinischen Weinbaugebieten ist Wingert die gängige Bezeichnung für Rebland. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Rebstöcke in Steillagen (wie oft an der Mosel) oder in sanft hügeligem Gelände (wie oft in der Pfalz oder Rheinhessen) kultiviert werden. Auch die Erziehungsart ist irrelevant: Rebflächen mit alter Einzelpfahl- (an der Mosel) oder mit moderner Drahtrahmenerziehung (in allen anderen Weinbaugebieten) werden Wingert genannt.
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Wenn wir uns den aus Weingarten/Wingert und Weinberg gebildeten Flurnamen zuwenden, so ergibt sich folgender Befund. In den rheinischen Gebieten ist Wingert ein häufiger Flurname. Weinberg als Flurname ist selten und scheint hier nicht bodenständig zu sein.
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Die ältesten Belege für den Flurnamen Wingert liegen aus Trier und aus Langenlonsheim an der Nahe vor. Im Gefäll- und Güterverzeichnis des Domkapitels zu Trier, das in die Zeit ca. 980-1180 datiert wird, heißt es: in opposito hasenwingar [lies: hasenwingart].
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Für Wittlich in der Eifel wird um 1300 ein Flurstück verzeichnet, das der Wingart genannt wird.
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Der Flur- und Straßenname Wingert ist also nicht nur in heutigen Weinbauorten anzutreffen. Er scheint auch Zeuge früheren Weinbaus zu sein.
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Die Ausbreitung des Weinbaus nach Norden war vor allem dank des hochmittelalterlichen 'Klimaoptimums' möglich. Die aktuelle Klimaforschung ist sich darüber einig, dass in der Zeit von etwa 1000 bis ungefähr 1300 (vielleicht noch etwas darüber hinaus) von einer ausgesprochenen Warmzeit auszugehen ist Die Textquellen bezeugen Weinbau in Pommern, in Ostpreußen, in England, sogar in Südschottland. Auch in Bayern gab es im Mittelalter Weinbau. Im 15. Jahrhundert dürfte der Weinbau in Europa seine größte Ausdehnung erreicht haben. Dem Klimaoptimum folgte die 'Kleine Eiszeit', die vom Anfang des 15. bis ins 19. Jahrhundert hinein gedauert haben dürfte. Der im Mittelalter und der frühen Neuzeit konsumierte Wein dürfte kaum unseren heutigen Geschmacks- und Qualitätsvorstellungen entsprochen haben, schon gar nicht der aus den oben angeführten nördlichen Regionen. Die Menschen mussten den Wein mit allerlei Zutaten (Alant oder Helenenkraut, eine würzhafte Pflanze, Honig, Galgant 'Wurzel von Ingwergewächsen', Kaneel‚ Zimt, Nelken u. a) versehen, um ihn genießbar zu machen.
[…]
In folgenden […] Gemeinden ist aber der Flurname Weinberg bezeugt
- (Bernkastel-Wittlich) Bernkastel-Kues, Ortsteil Kues: o. J. beim Kirchweinberg; Burgen: o. J. Bauernweinberg, Petersweinberg, Schulweinberg; Hetzerath: 1829 aufm Weinberg; Mülheim: o. J. Louisens Weinberg; Trittenheim: o. J. am Fritzen Weinberg.
- (Bitburg-Prüm) Utscheid: 1839 auf dem Weinberg; Waldhof-Falkenstein: 1860 am Weinberg.
- (Trier-Saarburg) Detzem: 1952 im jungen Weinberg, o. J. Schlinkenweinberg; Grewenich, heute zu Langsur: 1818 auf dem Weinberg, vor dem Weinberg; Helfant, heute zu Palzem: o. J. Weinberg; Kanzem: jeweils o. J. beim Büschen Weinberg, in den Garten Weinbergen, bei der Wawerner Weinbergsheck; Krettnach, heute zu Konz: o. J. Falswild zum Weinberg; Mertesdorf: o. J. auf Müllerspesch am Weinberg; Metzdorf, heute zu Langsur: 1953 im Weinberg am Pülchenberg; Saarburg: o. J. Die Wild ober dem Weinberge.
- (Vulkaneifel) Gunderath: 1821 Im Weinberg.
Es ist festzuhalten: in den historischen Landschaften, die heute das Land Rheinland-Pfalz bilden, gibt es keine Weinberg-Flurnamen, die älter als das 19. Jahrhundert sind. Die geringe Zahl der Flurnamen auf Weinberg und ihr spätes Auftreten zeigt, dass Weinberg in unserem Raum nicht bodenständig ist. Dieser Befund war zu erwarten. Oben wurde gezeigt, dass in der Sprache der Winzer das mit Reben bepflanzte Land in den rheinischen Weinbaugebieten ausnahmslos als Wingert und nicht als Weinberg bezeichnet wird. Der Flurname Weinberg an Rhein und Mosel muss ein Produkt der staatlichen Verwaltungssprache sein, wobei vor allem an die preußischen Geometer zu denken ist, welche seit etwa 1820 die Vermessungsarbeiten in der ehemaligen Rheinprovinz vornahmen und die entsprechenden Dokumente (Urkataster) verfertigten.
Zudem ist "Weinberg" bei der beginnenden Herausbildung der normierten neuhochdeutschen Schriftsprache im 17. und 18. Jahrhundert in einem ungesteuerten und von niemandem aktiv geförderten Prozess in die Hochsprache aufgenommen worden. [1]
Einordnung
Kategorie:
Geschichte /
Weinbaulagen /
Zeit:
Undatiert
Epoche:
Undatiert
Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.57668
lat: 49.63022
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Unterm Peil die Steilwingerten
Internet
http://schoden.kleinschoden.de/
Datenquellen
[1] Rudolf Steffens: Der Flurname Wingert und der Simmerner Wingertsberg. Http://www.germanistik.uni-mainz.de/RED/hist_ling/Der-Flurname-Wingert.pdf
Stand
Letzte Bearbeitung: 01.07.2015
Interne ID: 39133
ObjektURL:
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=39133
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