Sogenannte Kleine Judenpforte

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Hauptmarkt 22/23, Simeonstraße 37

Beschreibung
Hauptmarkt 22/23, Simeonstraße 37 und sogenannte Kleine Judenpforte

Gruppe von drei um 1600 nebeneinander erbauten Fachwerkhäusern an der Einmündung des Hauptmarktes in die Simeonstraße (die skulptierte Jahreszahl 1605 an der Fassade Nr. 22 und das aufgemalte Baudatum 1607 an der Fassade Nr. 23 nicht original, dagegen aber das 1602 bezeichnete Türgewände auf der Nordseite des Hauses Nr. 23). Die Häuser liegen an der östlichen Grenze des mittelalterlichen, bis 1418 bestehenden Judenviertels. Die beiden nördlichen überbauen die seit dem zweiten Drittel des 13achweisbare, sog. Kleine Judenpforte (1406: cleynen Juden porten). - Das mittelalterliche Vorgängerhaus Nr. 22 Zur Krone ging 1333 in jüdischen Besitz über, wogegen der Vorgängerbau des Hauses Zum goldenen Fässgen (Nr. 23) und der von Nr. 37 in der Hand von christlichen Bewohnern blieben. Nr. 23 war 1545 im Besitz der Deutschordensniederlassung.

Die Fachwerkhäuser weisen ein massives, nach dem Le Blanc'schen Bebauungsplan von 1785 nachträglich fast bis zur Flucht der Stockwerke vorgezogenes Parterre auf, dessen Gliederung mehrfach verändert wurde. Nr. 22 hat die gußeisernen Pfeiler der 1895 nach Entwurf des Maurermeisters Peter Schneider umgebauten Ladenfront bewahrt. An der Nahtstelle von Nr. 23 und Nr. 37 stellt die erstmals 1236 historisch belegte, innen mit vier Bögen gegliederte Kleine Judenpforte die Verbindung der ehem. Judengasse zur Simeonstraße her. Ein mit einem Fällungsdatum um 1219 dendrochronologisch datiertes Balkenstück im Pfortenbereich in der Südwand des Hauses Nr. 37 unterstützt auch archäologisch die frühe Entstehungszeit. Die drei westlichen, stichbogigen Gurte können möglicherweise ins frühe 17. Jahrhundert datiert werden. Der östliche, in der mittelalterlichen Bauflucht errichtete Stichbogen, über dem zwei Steinkonsolen erhalten sind, hat die alte Kettenabsperrung bewahrt. Der Rundbogen zur Marktseite wurde wohl im späten 18. Jahrhundert analog der im Bebauungsplan von Le Blanc festgelegten Fluchtlinie zusammen mit dem Parterre der benachbarten Häuser vorgebaut.

Den drei Vorderhäusern ist der in Fachwerk aufgeführte Oberbau gemeinsam, der über dem ursprünglich deutlich zurückgesetzten Parterre weit vorkragte und ehemals durch Knaggen, Pfosten oder Säulen unterfangen wurde. Bis auf Haus Nr. 22, das nach 1839 mit einem traufständigen Satteldach umgebaut wurde, haben die Gebäude ihre steilen, durchfensterten und mit einem vorkragenden Zwergwalm ausgestatteten Fachwerkgiebel bewahrt. Im Zusammenhang mit einer grundlegenden Sanierung 1982 erhielt die Fachwerkfront Nr. 37 wieder ihre ursprünglichen Fensterdreiergruppen im ersten Stock und eine nach Befund ausgeführte Farbfassung. Ein bemerkenswertes Detail im Giebel von Nr. 23, der als Zangenkonstruktion mit stark geknickten Stuhlsäulen gegeben ist, stellt die mit einer männlichen Figur verzierte Firstkonsole dar. Am aufwendigsten ist die höhere Fassade von Nr. 37 gestaltet: Sie zeigt scharf gezackte, mit doppelten Krabben und ausgestochenen Rundungen versehene Andreaskreuze.

Während die Südfront des in der Judenstraße gelegenen, zweigeschossigen, renovierungsbedürftigen Hinterhauses Nr. 37 nur mit einem halben Giebel erhalten ist, wurde die gegenüberliegende Nordfront des Hinterbaus von Nr. 23 1874/75 um ein drittes Obergeschoß aufgestockt. Hier ist außer einer Stockfenstergruppe in jedem der beiden unteren Stockwerke auch ein Renaissance-Pilasterportal erhalten; es weist im Gebälk ein Hausmarkenwappen mit den Initialen C H und das Baudatum 1602 auf. Portalabschluß bildet ein muschelverzierter Rundbogengiebel mit Kugelaufsätzen.

Das Innere der Häuser wurde unterschiedlich stark verändert. Das Vorderhaus Nr. 23 und sein sich über die Nachbarparzelle erstreckendes Hintergebäude haben in größerem Umfang Ausstattungsdetails aus der Erbauungszeit bewahrt. Hierzu zählen eine profilierte, steinerne Treppenspindel, ein giebelförmiges und profiliertes Türsteingewände in der Rückwand des Vorderhauses, eine Balkendecke in einem Vorderhauszimmer des zweiten Stocks sowie ein Kamin im zweiten Obergeschoß des Hintergebäudes mit Baudatum und Hausmarkenwappen des Eingangsportals.

Von hoher städtebaulicher Bedeutung sind die unter den Vorderhäusern angelegten, bescheidenen Keller, die die ehemals weiter zurückliegende, mittelalterliche Bebauungsgrenze der Hauptmarkt-Westseite dokumentieren. Der parallel zur Judenstraße tonnengewölbte Keller Nr. 22 wurde zusammen mit der Vorverlegung der Parterrefront um einen kleinen, tonnengewölbten Anraum nach vorne erweitert. Der ebenfalls tonnengewölbte Keller Nr. 23 wurde rückseitig unter dem Hinterhaus erweitert und verbreitert. Der vermutlich hochmittelalterliche Keller unter dem Vorderhaus Nr. 37 bildet kreuzgratgewölbte Joche aus, die auf der südlichen Längsseite unter der Judenpforte jeweils eine kleine, quertonnengewölbte Seitenkammer ausbilden. Im rückwärtigen Bereich ist ein größerer, quer zur Judenstraße tonnengewölbter Keller erhalten. [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Bürgerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Zeit:
1219
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.641540
lat: 49.757220
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 17.1 Stadt Trier - Altstadt. Wernersche Verlagsgesellschaft mbH, Worms. ISBN 3-88462-171-8 (1. Auflage 2001)

Bildquellen
Bild 1: © Helge Rieder, Konz, 2001

Stand
Letzte Bearbeitung: 24.12.2001
Interne ID: 3929
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3929
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