Ehemalige Grabkammer

Ehrang-Quint, Stadt Trier

Beschreibung
Auf dem Gelände des Helioports Trier / Marienkrankenhaus. [Red.]

Den kultischen Hintergrund des römerzeitlichen Ehrang erhellt in besonderem Maße ein Doppelfund vom nordöstlichen Ende des Gräberfeldes. Hier wurde eine rechteckige, 5,73x4,10 Meter lichte Weite messende Grabkammer, die von einem festen Tonnengewölbe überdeckt war, freigelegt. Solche Grabkammern gab es in unserer Gegend seit dem 3. Jahrhundert. Die Ehranger hatte gegenüber dem Eingang eine Nische, die eine Figur oder Urne aufnehmen sollte. An den Wänden waren noch größere Flächen in leuchten­der Malerei erhalten. Leider ist dieser Fund nicht gesichert worden. Hettner (ist der Ansicht, daß man sich die Grabkammer vermutungsweise "in der Art eines kleinen Tempels denken" dürfe, der an den Schmalseiten ganz oder teilweise geöffnet war. [1]

Die Grabkammer in Ehrang

Am nordöstlichen Ende des Gräberfeldes wurde eine unterirdische Kammer entdeckt, welche nur als Grabkammer aufgefasst werden kann; dieselbe hatte eine lichte Länge von 5,73 und eine lichte Breite von 4,10 m. Das Mauerwerk bestand aus Kalkbruchsteinen, der Mörtel aus vielem Kalk, welchem außer Kies Ziegelbröckchen beigemischt waren; die Mauerstärke betrug auf der nordwestlichen Schmalseite 80, auf der südöstlichen Schmalseite 76, auf den beiden Langseiten 90 cm. Als Fussboden diente ein starker Ziegelestrich. In der Mitte der Nordostwand befand sich eine zur Aufstellung einer Statue oder eines anderen Gegenstandes bestimmte Nische, deren Unterkante 1,10 m über dem Estrich lag; sie war 1,03 breit, 0,54 tief und hatte mit ihrem halbkreisförmigen Abschluss ursprünglich eine Höhe von ca. 1,37 m. Die Mauern waren auf allen vier Seiten bis zu einer Höhe von etwa 2,60 m noch vollständig erhalten, Eingänge fehlten gänzlich, ebenso auch jeder Ansatz für eine steinerne Treppe, so dass der Zugang zu diesem Gemach nur mittels einer hölzernen Treppe oder einer Leiter von oben herab bewirkt worden sein kann. Die Decke bestand in dem der Nische zunächst gelegenen 0,78 m langen Teile aus einem Gewölbe, welches in einer Höhe von 2,10 über dem Estrichboden begann; es war an der einen Seite auf eine Höhe von 55 cm noch erhalten und führte auf die Rekonstruktion eines etwas flach gedrückten Rundbogens, dessen Scheitelhöhe 3,60 über dem Estrichboden gelegen hat. Der übrige Teil der Decke muss flach mittels einer Balkenlage hergestellt gewesen sein. An vielen Stellen der Wand, besonders gut an der nordwestlichen Schmalseite und an der südwestlichen Langseite, waren Reste der ehemaligen Bemalung erhalten. Der Verputz, welcher die Unterlage für dieselbe bildete, war nicht wie in Pompeji oder wie bei den Malereien früherer Perioden in Trier, in mehreren Schichten, von zunehmender Feinheit aufgetragen, sondern bestand aus einer Schicht feinen Kalkmörtels mit starker Beimischung von Ziegelbrocken. Die Malerei wird deshalb schwerlich a fresco aufgetragen sein, da die Ziegelbrocken ja ein schnelles Austrocknen der Wand bewirken sollen. Die Malerei war flüchtig hergestellt. Die Wand war, wie dies auch in Pompeji stets der Fall ist, in drei übereinander liegende Abteilungen geteilt: zu unterst der Sockel, 50 cm hoch, hellrotbraun und durch senk- rechte schwarze Linien in einzelne Felder mit Füllungen von dieser Form geteilt. Da der unterste Teil dieser Füllungen dem oberen nicht entspricht, lag der Gedanke nahe, dass der unterste Teil der Füllungen durch den Estrich bedeckt sei; aber eine Untersuchung ergab, dass der Estrich sicher vor Inangriffnahme der Malerei gelegt ist. Über dem Sockel die Mittelabteilung, welche einschließlich des umrahmenden dunkel- rotbraunen Streifens und eines den oberen Abschluss bildenden grauen Streifens eine Höhe von 1,53 m hat; sie ist in Felder, Quadrate oder langgezogene Rechtecke geteilt, deren Inneres mit Blomben, Kreuzen und Kreisen verziert ist. Die einzelnen Flächen sind rotbraun, grün mit schwarzen Punkten, gelb mit roten Adern bemalt und durch weisse Linien von einander getrennt; deutlich gibt sich die Absicht kund, eine Imitation von Marmorincrustation zu erzielen. Von dem obersten Felde ist nur in der einen Ecke der Nordwestwand ein Rest erhalten; es hatte eine hellgelbe Farbe und war seitlich und oben mit einem hellgrünen Streifen eingefasst. Von den Ornamenten, oder vielleicht auch Figuren, mit denen dieses 1,52 m hohe Feld sicher geziert gewesen sein wird, war nichts mehr erhalten. Von der ganzen Wanddekoration wurde eine sorgfältige farbige Zeichnung durch Herrn Bautechniker Ebertz aufgenommen, für deren Beurteilung nur hervorzuheben ist, dass es nicht möglich war, alle die Unregelmäßigkeiten und Flüchtigkeiten genau wiederzugeben.

Ungefähr in der Mitte des flach abgedeckten Teiles der Kammer lagen zwei grosse Kalksteinquader, welche in der Mitte eine Vertiefung von 37 cm Länge, 3 cm Tiefe und eine Breite von 20, bez. 24 cm hatten; sie waren mit Ausnahme der Vertiefungen von demselben Estrich, mit welchem die Kammer bedeckt war, überzogen, müssen also gleich bei Erbauung der Kammer an ihre Stelle gekommen sein. Ob in dieselben Pfosten, aus Holz oder Stein, welche die Decke trugen, oder Pfosten einer Schranke, welche den Raum in zwei Teile teilte, eingegriffen haben, bleibt zweifelhaft. Im Innern wurden 3 zusammengehörige Fragmente einer Jünglingsstatue aus Jurakalk (zusammen 75 cm hoch, gefunden; der Körper ist nackt, bis auf eine Chlamys, welche auf der r. Schulter geknüpft ist. An der r. Hüfte scheint ein Schwert zu liegen; doch muss eine genauere Mitteilung bis nach erfolgter Zusammensetzung der Fragmente verschoben werden. Ausserdem wurde ein grosser Mörtelklotz , in welchem Wandheizungskästchen vermauert sind, ebenda gefunden. Doch ist die Zugehörigkeit beider Stücke zu der Grabkammer im hohen Grade fraglich.

Dass in dem Gebäude eine Grabkammer zu erkennen ist, ergibt sich aus der unterirdischen Lage und der mit einem Keller nicht zu vereinigenden Dekoration, wie andererseits aus dem angrenzenden Gräberfeld.

Eine Notiz Ladner’s wurden nach der Quint zu in den 1830er Jahren in einem nicht tief unter der Oberfläche der Erde liegenden, mit roten, gelben und schwarzen Streifen bemalten Zimmerchen drei Särge gefunden, zwei von Erwachsenen und ein Kindersarg. Mehr ist von diesem Funde nicht zu erfahren gewesen, scheint mit großer Wahrscheinlichkeit auf unsere Grabkammer bezogen werden zu können, obgleich nicht verschwiegen werden soll, dass ein "Zimmerchen", von dessen Freilegung in früheren Jahren uns die Ortseinwohner berichteten, etwas weiter nordwestlich gelegen haben soll. Der Fund ist um so wertvoller, als derartige unterirdische Grabkammern in den Rheinlanden zu den Seltenheiten gehören. Bekannt sind bis jetzt nur die Grabkammern von Weyden bei Köln und St. Mathias und Schweich bei Trier.

Für die Rekonstruktion des Aufbaues der Ehranger Grabkammer fehlt es an genügenden Anhaltspunkten; vermutungsweise wird man sich ihn in der Art eines kleinen Tempels denken dürfen, der an den beiden Schmalseiten ganz oder teilweise geöffnet war; an der Südostseite ist ein Eingang vorauszusetzen, weil diese der in unmittelbarer Nähe vorbeiziehenden Römerstrasse zugewendet war; für einen zweiten Eingang auf der Nordwestseite spricht aber das Vorhandensein von hier aufgefundenen Wangenmauern, welche als Unterlage für eine Treppe anzusehen sein werden. Diese Treppe führte in einen nordwestlich von der Grabkammer liegenden Rundbau von 19,25 m äußerem Durchmesser, dessen Mittelpunkt genau in der Mittelachse der Grabkammer liegt und deshalb zweifellos als zu derselben gehörig zu betrachten ist. Von diesem ringförmigen Bau war fast durchgängig die unterste Fundamentierung, welche aus grossen, roh zugehauenen roten Sandsteinquadern bestand, erhalten; an einer Stelle waren auch noch von der darüber liegenden Schicht zwei Quader vorhanden, die bei weitem sorgfältiger hergestellt waren. Als Fundament für ein aufgehendes Mauerwerk würde man sich schwerlich der Quader bedient haben, ebenso wenig aber für eine Umzäunung ohne Aufbau ; es scheint deshalb am wahrscheinlichsten, dass eine Säulenstellung mit darüber gelegtem Architrav über den Quadern anzunehmen ist; ein aufgefundenes Fragment einer Säule von ungefähr 40 cm Dm. könnte von dieser Säulenstellung herrühren. Trotz mehrerer im Inneren des Rundbaues gezogener Gräben wurde keine Spur von Mauerwerk, kein Estrichboden, kein Grab gefunden; es scheint deshalb dieser Platz als Ruheplatz für die Trauernden und als Platz für die Leichenschmäuse gedient zu haben. [2]

Felix Hettner war ein Sohn des Literatur- und Kunsthistorikers Hermann Hettner und dessen erster Frau Marie von Stockmar. Er studierte an der Universität Leipzig und der Universität Bonn. Auf Anregung seines Lehrers Franz Bücheler erstellte er einen Katalog der lokalen archäologischen Funde im Museum der Universität Bonn, an der er 1877 mit De Iove Dolicheno promoviert wurde.

Mit nur 26 Jahren wurde er 1877 zum Gründungsdirektor des Provinzialmuseums Trier, des heutigen Rheinischen Landesmuseums Trier, berufen, das aus der Vereinigung mehrerer älterer Sammlungen entstand. 1889 konnte Hettner einen Neubau für das Museum einweihen.

Hettner, der zu seiner Zeit als der führende Archäologe Westdeutschlands galt, führte zahlreiche Ausgrabungen in Trier (unter anderem Barbarathermen, Gräberfelder, Kanalisation) und im Trierer Raum (z. B. Tempelbezirk des Lenus Mars auf dem Martberg, Grabdenkmäler von Neumagen) durch.

Auf Anregung Theodor Mommsens wurde Hettner archäologischer Leiter der 1892 einsetzenden Erforschung des Obergermanisch-Rätischen Limes durch die Reichs-Limeskommission. Insbesondere war er für die Ausgrabungen der Limes-Kastelle zuständig und einer der Herausgeber des "Limeswerks" Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches. 1898 übernahm er wieder die Leitung des Trierer Museums.

Felix Hettner war 1882 Mitbegründer und bis zu seinem Tod Mitherausgeber der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst. [3]

Bearbeitung: Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.

Einordnung
Kategorie:
Archäologische Denkmale / Bestattungen / Römische Grabanlagen
Zeit:
Circa 500 vor Chr. bis circa 500 nach Chr.
Epoche:
Kelten- / Römerzeit

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.690080
lat: 49.807531
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Auf dem Karcher

Internet
http://www.ehrang.de/

Datenquellen
[1] Werner Schuhn: Ehrang Band 1, Seite 7576 von 1989.
[2] Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Ausgabe August. Jahrgang X, Nr. 8. 1891. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wzgk_kbl
[3] Seite "Felix Hettner". In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 12. Dezember 2019, 11:07 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Felix_Hettner&oldid=194842670 (Abgerufen: 28. März 2021, 13:56 UTC)

Bildquellen
Bild 1: © Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.
Bild 2: © Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.
Bild 3: © Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.
Bild 4: © Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.
Bild 5: © Jörg Busch, Trier-Biewer, 2021.

Stand
Letzte Bearbeitung: 28.03.2021
Interne ID: 50421
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=50421
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