Ehemalige Kapelle Sankt Sebastianus (2)

Trier-Nord, Stadt Trier Benediktinerstraße 84

Beschreibung
Ab dem 1.4.1866 bis zum 30.9.1866 wurde die Stadt Trier von einer Cholera Epidemie heimgesucht. Im Umland brach sie z.B. in Bitburg bereits am 2.2.1866 aus und endete am 13.10.1866. im Kreis Daun dauerte sie nur vom 9.8.1866 bis zum 12.8.1866. So unterschiedlich der Beginn und das Ende waren, so unterschiedlich waren auch die Krankheitsverläufe. In der Stadt Trier gab es bei 28.321 Einwohnern 1478 Erkrankte = 5%, von denen 612 = 41 Prozent starben. [1]

Die schlechten hygienischen Verhältnisse, eine Kanalisation wurde erst um die Jahrhundertwende gebaut, die Armut in dieser Zeit und der Alkoholmissbrauch begünstigen die Krankheit.

Bei diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass sich besonders die einfachen Leute mehr dem Glauben zuwandten, Bittprozessionen abhielten und als die Epidemie abebbte ihre Dankbarkeit zeigten.

Aus dem Raum Bitburg sind viele Bildstöcke z.B. in Hermesdorf, Matzen, Mötsch und anderen Orten bekannt, die davon zeugen.

Bei Ausbruch der Epidemie legten die Einwohner des Vorortes Maar ein Gelübde ab, dass sie dem Heiligen Sebastian eine Kapelle erbauen wollen, wenn die Epidemie glücklich vorbei ist.

Sebastian war römischer Soldat unter Kaiser Diokletian. Er wird seit dem 4. Jahrhundert als Märtyrer und Heiliger verehrt. Er wird gegen die Pest und andere Seuchen angerufen, da man seiner Fürbitte das schnelle Erlöschen der Pest 680 in Rom zusprach. [3]

Noch am 19. 8.1866 begann die Sammlung der Baugelder. Vermutlich aus finanziellen Gründen kam die Bauausführung nach Plänen des Architekten Lamberty erst 1888 zustande. Die Kapelle wurde auf einem freien Grundstück zwischen der Benediktinerstraße und der Engelstraße erbaut.
Es handelte sich dabei um einen Saal von 12 m Länge und 9 m Breite mit einem eingezogenen Chor zur Engelstraße hin. Die Gliederung der Außenwände erfolgt zwischen den verputzten Flächen mit senkrechten unverputzten Mauerstreifen (Lisenen), dazwischen spitzbogige Fenster.

Am Giebel zur Benediktinerstraße sind 5 gestaffelte Spitzbogenblenden. In der mittleren steht die Figur des heiligen Sebastian.

Das Deckengewölbe besteht aus einer Stahlkonstruktion in Kreuzrippenform, bei der der Putz auf einem Drahtgeflecht aufgebracht ist (Rabitztechnik). Am 26.1.1890 wurde die Kapelle durch den Baron von Kloschinsky, der Pfarrer von Sankt Paulin war, eingeweiht. Er war es auch, der bis 1915 die Pfarrkirche Sankt Martin erbauen ließ und damit eine eigene Pfarrei Sankt Martin einrichtete und so zum Ende der Kapelle beitrug. Jetzt hatten die "Maarenser" eine Pfarrkirche und brauchten keine Kapelle mehr, sie wurde entweiht.

Bis 1934 wurde der Chor abgebrochen und durch ein Wohnhaus (Engelstraße 43A) ersetzt. Der Kirchenraum wurde mit Zwischendecken und Wänden aufgeteilt und so zu Wohnzwecken umgebaut. [2] Die Spitzbögen an den Fenstern wurden durch gerade Abschlüsse ersetzt, das Dach wurde ausgebaut und mit Gauben versehen. Heute ist im Erdgeschoss das Lager und die Werkstatt einer Möbelschreinerei. [4]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Lamberty, Eberhard (Kreisbaumeister, Architekt)
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Kapellen
Zeit:
1888-90
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.645474
lat: 49.762981
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.trier.de/rdts-cgi/cityguide/cityguide.pl?action=show&lang=de&size=1076&mapper=3&zoom=100&mapX=2546550&mapY=5514246

Datenquellen
[1] Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus, 1869
[2] Die Stadterweiterung Triers 1815-1918, Reck, 1990
[3] Wikipedia https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spezial:Zitierhilfe&page=Sebastian_%28Heiliger%29&id=210291273&wpFormIdentifier=titleform
[4] Bearbeitung: Jürgen Bier, Trier, 2021.

Bildquellen
Bild 1: © Jürgen Bier, Trier, 2021.
Bild 2: © Jürgen Bier, Trier, 2021.
Bild 3: © Jürgen Bier, Trier, 2021.
Bild 4: © Jürgen Bier, Trier, 2021.
Bild 5: Stadtplan 1919 (Ausschnitt)

Stand
Letzte Bearbeitung: 11.05.2021
Interne ID: 50501
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=50501
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