Balduinshäuschen
Trier-West/Pallien, Stadt Trier Am Irrbach 51
Beschreibung
Ursprünglich hieß das Haus "Haus Wartberg" und lag auf dem Berg genannt "Voyls" = Vogelsberg. Der Name erfuhr im Lauf der Jahrhunderte mehrere Namenswechsel, über Wyls, Boyls, Bails zu Poels. Alle Namen lassen sich heute nicht mehr auffinden.
Die älteste Nennung ist am 15.9.1337 erfolgt. An diesem Tag stellt der Meister Balduin (Baldwin) von Bernkastel ein Lehensbekenntnis für sein Haus Wartberg auf dem Vogelsberge bei Trier an den Trierer Erzbischof Balduin aus. [1]
- Meister Balduin von Bernkastel stammt aus der Familie der Burggrafen von Bernkastel. Ihr Wappen enthält drei Vogelfüße.
- Erzbischof Balduin von Luxemburg, geboren 1285 in Luxemburg, gestorben am 21.1.1354 in Trier war von 1307 bis 1354 Erzbischof und Kurfürst von Trier.
Ab diesem Zeitpunkt wechselt der Name in den Unterlagen auf Balduinshaus. In seiner Regierungszeit besuchte der Erzbischof öfters sein Haus. Über diese Aufenthalte gibt es verschiedene Sagen:
- Im Jahr 1350 beschloss der 65-jährige Erzbischof sich "von dem irdischen Leben und Treiben zurückzuziehen und in gottseliger Betrachtung den Rest seiner Tage dem Höheren zu weihen." Gleich Kaiser Karl V. suchte er Frieden mit all seinen Feinden zu machen, setzte einen Verweser seiner Geschäfte ein und ließ sich eine Wohnung in den Felsen einhauen. Die Sage sagt dazu, er wollte sich vor der Welt verstecken um eine hässliche Krankheit durch den Genuss des schwefelartigen Quellwassers, das aus dem Heidenbrünnchen quillt, zu heilen. Als er 1354 in seinem Wasserkrug eine Schlange fand starb er vor Ekel.
- Erzbischof Balduin habe sich in seinem 7-jährigen Siechtum an der Quelle des Heidenbrünnchen gelabt und sei innerhalb 17 Tagen geheilt worden. [2]
- Balduin begab sich einst nach seinem Gute, Balduinshäuschen genannt. Er wollte da die freie Landluft genießen. Da befiel ihn der Aussatz. Sein Arzt empfahl ihm eine Wasserkur mit dem Wasser des Heidenbrünnchen. Jeden Morgen brachte sein Diener in einem dickbauchigen Krug frisches Wasser. Die Krankheit wollte 12 Jahre nicht weichen. Auf einmal war er geheilt. Man forschte der Ursache der plötzlichen Heilung nach und fand in dem Krug einen Wassersalamander, der so dick war, dass er nicht mehr hinauskonnte. Das Tier hatte die Krankheit eingesogen.
- Der kranke Erzbischof ging jeden Tag zu dem nicht weit entfernten Sankt Helena Brunnen in Euren. Hier stand damals noch die alte Sankt Helena Kapelle. Acht Tage hatte Balduin in dem Kirchlein seine Andacht verrichtet, um geheilt zu werden. Am neunten Tage, als er traurig weggehen wollte, hörte er eine weibliche Stimme "gehe nach Trier in den Dom und vollziehe da neun Tage hintereinander deine Andacht zu Ehren des heiligen Rockes, den ich dorthin gebracht habe".
Vertrauensvoll erhob der Erzbischof sich, betete neun Tage und ward gesund. [3]
In jeder Sage steckt wohl ein Körnchen Wahrheit. Der Erzbischof wird wohl in seinen letzten Lebensjahren sehr krank gewesen sein, möglicherweise hatte er Aussatz.
Zwischen 1337 und 1354 wird der Klerus das Haus wohl angekauft haben, denn das Haus, das nur verliehen war, wurde vom Nachfolger Balduins weiter verliehen.
Am 1.10.1354, nach dem Tode Balduins, wird "das Haus nebst Wingert auf Bails" von Erzbischof Boemund als Lehen an das Ehepaar Heinrich Fulpot und Clara seine Hausfrau auf Lebenszeit gegeben. [4] Heinrich war der Mundschenk Balduins und soll ein bemerkenswerter Mann gewesen.
Der Mundschenk war im Mittelalter am Bischofshof für die Verwaltung der Weingüter und für die Versorgung des Erzbischofs mit Getränken, besonders mit Wein, zuständig. Es war eine Stellung mit hoher Verantwortung. Der Erzbischof vertraute ihm seine Gesundheit und sein Wohlergehen an.
Am 23.11.1380 wird Richard von Born‘s Sohn Tilmann von Born, dessen Frau und Kinder das Balduinshaus zu Wyls bei Trier belehnt.
1472 erhält Gerard von Schonemberg und seine Ehefrau Engelen von Waldrach das "Baldwynshaus am Poilsberg" auf Lebenszeit als Lehen. [6]
Am 24.9.1487 verleiht Erzbischof Johann II das Haus dem Trierer Bürger Johann Ure von Bretten auf Lebenszeit "das Baldewynshaus am Poilsberg gegenüber Trier". [6]
Am 29.3.1496 wird Dietrich von Enschringen mit dem "Balduinshaus gegenüber Trier am Poelsberg" belehnt. [6] Im gleichen Jahr wird er mit der Vogtei zu Auw an der Kyll belehnt und erhält das Amt des Erbküsters des Klosters Sankt Maximin.
Die "von Enschringen" ist eine Ritterfamilie, die nach ihrem gleichnamigen Stammsitz zwischen Clerff und Oberwiltz in Luxemburg benannt sind. Als Stammherr wird Ludwig, der um 1230 lebte, angesehen. Noch 1684 sind die Herren von Enschringen im Bezirk Trier nachweisbar. [7]
1646 kaufte die Söterische Fideicommisionsstiftung vom Herrn von Enschringen das Haus. Die Stiftung war am 3.3.1634 von Philipp Christoph von Sötern gegründet worden und verwaltete seine Güter. Mitte des 17.Jahrhunderts wohnte Friedrich Balmes und seine Frau Barbara Fuhren aus Zewen darin. [8] Nach ihm wurde das Haus auch zeitweise Balmeshäuschen genannt.
Dort blieb es und ging später an den Komtur des deutschen Ritterordens Johann Christoph Teutsch von Kaulen (von und zu der Gruben) der es bis Ende des 17. Jahrhunderts besaß. Zwischenzeitlich war er 1648 für kurze Zeit vom französischen König enteignet worden.
Lonzen von Raven und der Johann Philipp, Freiherr von Berg zu Dürffenthal, waren die weiteren Eigentümer denen das Haus mit einer Erbschaft des Hauses Seinsfeld zufiel. [5].
Um 1841 gehörte das Haus dem Steuer Kontrolleur Johann Wilhelm Wettendorf, geboren um 1786 in Trier, gestorben zwischen 1871 und 1874 in Trier, und seiner Frau Johanna Maria Clara Krumm, geboren um 1808 in Zweibrücken.
1856 ist er als Eigentümer der Flurstücke Balduinshäuschen und Ober’m Schankenbungert in der Gemarkung Trier Flur 3 eingetragen. Er selbst wohnte in der Brückenstraße 223 bis zu seinem Tode. Er nutzte das Hofgut u.a. für den Hopfenanbau. [10]
Das Bild 1 zeigt den Hof um 1868. Nach seinem Tod verkaufte seine Witwe das Haus.
Im Anzeigenbeiblatt der satirischen Zeitschrift "Kladderadatsch" vom 6.12.1874 war eine Verkaufsanzeige enthalten:
Das Gut Balduinshaus bei Trier
auf dem linken Moselufer, gegenüber dem Bahnhof, 20 Min.v. Trier, von der Ebene bis über den Kamm des Gebirges sich erstreckend, bekannt durch die
hervorragende landschaftl. Schönheit seiner Lage enthält ca. 68 Hektar, und zwar 10 Hektar Acker, 3 Hektar Wiese, 1,5 Hektar Weinberg, 10 Hektar Lohhecke (Eichenschälwald), 33 Hektar Wald (im größten Teil ca. 40-jähriges Nadelholz, eine große Menge edler Obstbäume, 2 Pächterwohnungen, 1
Fischteich, mehrere stets fließende Quellen, von denen eine in der mittl. Höhe des Berges entspringt, zu industriellen Zwecken verwendbar, hypothekenfrei, ist erbteilungshalber zu verkaufen.
Refl. w. gebeten sich an Herrn Notar A. Kewenig in Trier zu wenden.
Der Gärtner Nikolaus Lambert, wohnhaft in Euren kaufte das Gelände. Er ist im Adressbuch 1901 als Eigentümer ausgewiesen. Gepachtet hatte das Haus Johann Müller, ein Gärtner. Er wohnte dort mit seinem Sohn Johann, Ackerer und Schankwirt, der dort eine Gaststätte betrieb. [9] Bild 2 zeigt den Zustand auf einer Postkarte von 1897. [11]
Jürgen Bier, Trier, 2021.
Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale /
Wohn- und Wirtschaftsgebäude /
Bäuerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude Zeit:
1337
Epoche:
Gotik
Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.607610
lat: 49.751105
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Balduinswald
Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-West/Pallien
Datenquellen
[1] Schriftenreihe für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, 1839.
[2] Panorama von Trier und dessen Umgebung, Haupt, 1868.
[3] Die kirchliche Tradition vom heiligen Rock, Laven, 1845.
[4] Das Moseltal zwischen Zell und Konz, Stramberg , 1837.
[5] NF XII, Alte Häuser in Trier, Strasser, 1915.
[6] Regesten der Erzbischöfe von Trier, Görtz, 1861.
[7] Neues preußisches Adels-Lexikon, 1836.
[8] Kirchenbuch der Pfarrei Euren.
[9] Adressbuch Stadt Trier 1901.
[10] Catalog der gewerblichen Ausstellung des Zollvereins in London 1862.
[11] Jürgen Bier, Trier, 2021.
Bildquellen
Bild 1: Skizze des Balduinshauses um 1868. Aus: Panorama von Trier und dessen Umgebung, Haupt, 1868.
Bild 2: Skizze des Balduinshauses um 1897 auf einer Postkarte.
Bild 3: © Jürgen Bier, Trier, 2021.
Stand
Letzte Bearbeitung: 26.09.2021
Interne ID: 51313
ObjektURL:
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=51313
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