Stolperstein für Louis Scheuer

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Fleischstraße 68

Beschreibung
Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat das Projekt Stolpersteine ins Leben gerufen. Damit wird der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.

Inschrift:

HIER WOHNTE
LOUIS SCHEUER
JG. 1872
ALS KARNEVALIST VERFOLGT
BERUFSVERBOT 1935
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1936 FRANKFURT/M.
MIT HILFE
ÜBERLEBT [1]

Louis Scheuer

In Trier gründete Louis Scheuer zwischen 1904 und 1906 in der Fleischstraße 68 seine kaufmännische "Privatschule Scheuer", die als die größte und renommierteste in der Stadt galt. 1894 tauchte sein Name erstmals bei den Veranstaltungen der Trierer Karnevalsgesellschaft Heuschreck auf, dessen künstlerisches Aushängeschild er für vier Jahrzehnte war. Er verfasste Gedichte und Prosawerke in Trierer Platt, auf Hochdeutsch und auf Letzeburgisch.

Scheuers Aktivitäten waren jedoch nicht nur auf den Karneval beschränkt. Seine Singspiele, Revuen und Schauspiele, die er für die KG Heuschreck verfasste, wurden auch außerhalb der Karnevalszeit aufgeführt. Seine Stücke spielte man in Deutschland, aber auch u. a. in Amsterdam, Luxemburg, Straßburg und Polen. Zu seinen besten Werken zählt die Musikrevue Mein Trier, wie lieb' ich dich! Es handelt sich um ein Heimatrevue, für die Scheuer vorhandene Bühnenwerke der heiteren Muse auf stadttrierisches Kolorit umtextete und sie mit Melodien bekannter Komponisten unterlegte (u. a. Friedrich Hollaender).

Seit 1910 wurden im In- und Ausland (bis nach New York City) etwa 3000 Aufführungen seiner Revuen und Singspiele erreicht. Sein burlesker Schwank Der Sittenapostel wurde etwa 1200 Mal aufgeführt. Der Klapperstorch fliegt brachte es sogar auf 1300 Aufführungen.

Im Ersten Weltkrieg wurde seine Schrift Die Juxquelle an die Trierer Soldaten verschickt. Die Schrift enthielt die vollständigen Texte seiner Revuen von 1898 bis 1903, sowie Vorträge, die zu Karnevalssitzungen des "Heuschreck" von Aktiven gehalten wurden und Karnevalslieder.

Mit Beginn des Nationalsozialismus bekam Scheuer als Jude die ausgrenzenden Maßnahmen des Regimes zu spüren. 1934 wurde er aus dem deutschen Kulturkreis ausgeschlossen. Seine Werke wurden außerhalb jüdischer Theater nicht mehr aufgeführt, so sein für 1933 bereits angekündigtes Werk Für jeden ebbes, eine Wiederaufnahme von 1925. Nur in Luxemburg spielte man noch seine Werke.

1935 begann "im Rahmen der zunehmenden allgemeinen nationalsozialistischen Judenhetze ein systematischer Boykott der kaufmännischen Privatschule." Am 28. September 1935, nach einer "Aktion" der Hitlerjugend wurden die noch verbliebenen Schüler des "Institut Scheuer" in die Kaufmänndischen Schulen der Stadt Trier überführt, die Handelsschule aufgelöst.

1936 floh Louis Scheuer mit seiner Frau nach Frankfurt am Main. Im jüdischen Theater in Frankfurt, der "Volksbühne", kam sein Stück Ewige Wanderung oder die drei Sterne nicht mehr zur Aufführung. Es behandelte das Schicksal dreier jüdischer Familien. SA-Horden zerstörten 1938 in der Reichspogromnacht große Teile seiner Unterlagen und auch die kostbaren Dekorationen. Da seine Frau nichtjüdisch war, konnte sich Scheuer mit viel Glück der Deportation entziehen.

Durch britische Bomber ging schließlich auch der Rest seiner Unterlagen verloren. Wie aus Akten der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts Trier vom Jahr 1948 hervorgeht, beantragte Louis Scheuer, den Konzessionsentzug von 1936 für nichtig zu erklären und ihm die Konzession wieder zu gewähren. Der für das Verfahren zuständige Richter erhob Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Restitutionsklage Scheuers, da seiner Meinung nach die Voraussetzung für eine solche Klage gemäß Art. 4 der Restitutionsordnung nicht gegeben sei. Dieser besagte, dass der entzogene Gegenstand noch identifizierbar im Augenblick der Klageerhebung vorhanden sein müsse. Im Fall Scheuer, so der Richter, sei die Konzession jedoch erloschen und nicht an einen Dritten übertragen worden. Scheuer zog seine Klage im Oktober 1949 zurück.

Karl Schieffer, sein Trierer Freund und Mäzen, beschrieb die Situation, in der sich Louis Scheuer in Frankfurt befand, in einem Zeitungsartikel vom 17. September 1946: "Er denkt nur an sein Trier, sein geliebtes Trier und arbeitet an seiner Revue "Mein Trier, wie lieb ich dich". Ein Loblied auf jene Stadt, deren verantwortlich, unverantwortliche Behörden ihn, den Dichter des Heimatlandes, nicht nur um seine Existenz und Vermögen brachten, sondern ihn hinauswarfen wie eine räudigen Hund, den man wegjagt, damit er kein weiteres Unheil anrichten kann." [2]

Literaturtipp:
https://heuschreck.de/2021/09/17/stolpersteine-fuer-louis-scheuer-und-seine-frau-betty/
Jutta Albrecht: Louis Scheuer - Mein Trier, wie lieb ich Dich! In: Kurtrierisches Jahrbuch 2021. Hrsg.: Verein Kurtrierisches Jahrbuch, Trier.

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Demnig, Gunter; (Künstler) Berlin [*1947]
Kategorie:
Geschichte / Marken und Male / Stolpersteine
Zeit:
2021
Epoche:
21. Jahrhundert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.639476
lat: 49.755989
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.stolpersteine.eu/

Datenquellen
[1] Dr. Peter Stolz, Trier, 2021.
[2] Seite "Louis Scheuer". In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. November 2021, 14:50 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Louis_Scheuer&oldid=217531988 (Abgerufen: 20. Januar 2022, 15:36 UTC)

Bildquellen
Bild 1: © Dr. Peter Stolz, Trier, 2021.
Bild 2: © Dr. Peter Stolz, Trier, 2021.
Bild 3: © Helmut Bauer, Trier, 2015.

Stand
Letzte Bearbeitung: 21.01.2022
Interne ID: 51543
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=51543
ObjektURL als Mail versenden