Echternacher Weg - Kuhweg - Giejen Stich (2)

Trier-West/Pallien, Stadt Trier Markusberg

Beschreibung
Vom "giejen Stich" zum "Kuhweg" - ein Panoramaweg mit Geschichte.

Im Trierer Stadtplan? Fehlanzeige! Den Bürgern des westlichen Stadtteils, wie auch vielen anderen Trierern, ist der "Kuhweg" aber dennoch ein Begriff. Er beginnt dort wo die Markusstraße endet und der Aufstieg zum Berg beginnt. Seinen letzten "großen Auftritt" hatte er am 3.9.2018 bei der Challenge "Everesting 2018: 8848 Höhenmeter für einen guten Zweck (Gen-Defekt KCNQ2)". Die damalige Aktion unterstützte der Extremsportler Ulrich Rose. Er befuhr mit dem Mountainbike 62 Mal den Kuhweg und legte dabei in rund 10,5 Stunden 9549 Höhenmeter zurück. Eindrucksvolle Bilder vom Kuhweg und vom Markusberg zeigt das Youtube-Video des Verein KCNQ2 anlässlich dieser Aktion: www.youtube.com/watch?v=8Ujm0c6nbzY

Wer heutzutage diesen Weg mit dem einmaligen Blick auf das Trierer Tal benutzt um auf den Markusberg zu gelangen, sei es als Wanderer, E-Biker oder als Anlieger mit dem Auto, ist sich kaum bewusst, welche Bedeutung dieser Weg für die Menschen seit eh und je hatte. Ob vom Berg oder aus dem Hinterland bis in den Raum Echternach, für die Verbindung nach Trier war er für sie unverzichtbar.

Viele Eingaben, mit der Erinnerung an ihre Verpflichtung zur Unterhaltung des Weges, erreichten die Verwaltung der Stadt Trier im 19. Jahrhundert. Nach dem Wiener Kongress 1814/15 gehörte das Rheinland zum Königreich Preußen - der "Bürger" war wieder zum "Untertan" geworden. Die Form des schriftlichen Umgangs ist ein Beispiel dafür. Aber wir erfahren aus diesen Ersuchen auch welche Bedeutung der Weg für die bäuerlichen Bergbewohner hatte.

Aus dem Schreiben der Frau Witwe Dr. Palm vom 23. November 1857: "An ein hochlöbliches Oberbürgermeisterei-Amt erlaubt sich die gehorsamst Unterzeichnete nachstehende Bitte ergebenst zu richten". Diese Frau Palm die ein "kleines Besitzthum" auf dem Markusberg besaß, machte sich mit ihrer zeittypisch formulierten Bitte für die Wiederherstellung des "sogenannten jähen Stiegs" zum Sprecher für die ansässigen Landwirte und Anlieger. Auch Domvikar Dr. Blattau, zuständig für die Kapelle, unterzeichnete Palm erwähnte auch, dass beginnend vom Ende des damaligen Kuhweges (heute Markusstraße) der jähe Stieg über 10 Jahre ein Fahrweg gewesen sei. "....außerdem wurde der Weg an den Monatsmarkttagen benutzt, das Vieh jeder Art herab und heraufzutreiben. Der Weg war mit sehr zweckmäßig gepflasterten Abzugsrinnen an den erforderlichen Stellen versehen, um das Bergwasser abzuleiten. Spuren davon sind noch heute sichtbar".

Soweit aus der Eingabe. Wer den Weg mit seinem Gefälle/Steigung bis 25% kennt, vermag sich die Leistung unserer Vorfahren nur schwer vorzustellen. Zudem wurde die Wegführung nach dem 2. Weltkrieg etwas entschärft. Heute haben wir eine gut ausgebaute Straße, autogerecht, kanalisiert und ausreichend beleuchtet. Damals, ohne dies alles, war es die einzig nutzbare Verbindung in die Stadt. Bis zur heutigen Straße vorbei an der Mariensäule, sollte es noch bis 1934 dauern (s.ÜBERBRÜCKEN 3/2018). Es wundert nicht, dass es immer wieder zu Eingaben wegen der Instandsetzung des Weges kam. So schrieb 1859 Herr Wettendorf, dessen Familie große Teile des Landes zwischen Balduinshäuschen und Markusberg besaß, unter anderem: "Seit 1829 und wohl schon 10 Jahre früher gibt es Verhandlungen und liegen Kostenermittlungen vor (...) nicht nur für die Anlieger sondern auch für mehrere Gemeinden der Sauer-Gegend bis Echternach" so Wettendorf, sei dieser Weg von großer Bedeutung. Am 4. August 1859 meldete der Feldschütz Jakob Weiland, dass weder der Kuhweg noch der "Gehestich" (Gieje Stich) nachts ohne Lebensgefahr begangen werden könnten.

1876 machte sein Sohn Wilhelm Weiland erneut eine Eingabe zur Instandsetzung des Weges. Durch die Einbeziehung der Ortsvorsteher und Bewohner von Trierweiler, Fusenich und Udelfangen, sollte die Eingabe der Anwohner vom Markusberg und dem Busental größeres Gewicht erhalten. Mehr als 50 (!) Menschen hatten unterzeichnet. Unter anderem führte er aus: “Wir Markusberger und Busenthaler Bewohner, die wir so viele Abgaben zahlen müssen, wir sind in Bezug auf den Verkehr mit der Stadt noch viel schlimmer als stiefmütterlich behandelt (...) Uns, die wir in Anbetracht der Steuern den Städtern gleich stehen, können durchaus unsere erzielten Produkte nur mit erschwerten Umständen und vielen Auslagen zu Stadt bringen; ja manchmal ist für Menschen und Vieh große Gefahr dabei. Für die Fußgänger sogar ist fraglicher Weg mit großer Gefahr verbunden, ja als Vater hat man sehr große Angst, seine Kinder, die man doch erzogen und ausgebildet haben will, (...) in die Schule zu schicken. Nicht allein wir Markusberger und Busenthaler haben Klage darüber zu führen, auch die Gemeinden Trierweiler, Fusenich, Udelfangen und Wintersdorf, welche denselben Weg gebrauchen müssen.“

Die Eingabe wurde in einer Stadtratssitzung am 20.Mai 1879 (also 3 Jahre später !) positiv beschieden. Oberbürgermeister de Nys wies den Stadtbaumeister an, die Ausbesserungen vornehmen zu lassen. Kostenbetrag etwa 400 - 450 Goldmark (7.000 - 8.000 €) .

Vom "gieje Stich" zum "Kuhweg" - eine Namensverschiebung!
Im Trierischen steht "gie" für "steil, jäh". Ein steiler Weg, auch Stich, der als "gieje Stich" bezeichnet wird, ist demnach ein extrem steiler Anstieg. In vielen Eingaben und Beschwerden aus dem 19. Jahrhundert wurde, je nach Schreiber und Schreibkunst, der steile Aufstieg als "jäher Stieg" / "giehen Stich" oder "gehe Stich" bezeichnet. Auch die Zeitung "Trierer Stadt-Klatsch" Nr. 23 von 1874 schreibt im Bezug auf die Markusberger Kirmes: "… ziehen seit Jahren der Trierer muntere Scharen den "giehen Stich" hinan“. Noch 1937 erwähnt Cläre Prem den "gieje Stieg" in ihrem Gedicht zur Markusberger Kirmes. (s. ÜBERBRÜCKEN 1/2021).

Wie kam der Wandel zum "Kuhweg" zustande ? Da hilft der "Situations-Handriß" (Skizze) von 1859 aus dem Stadtarchiv. Abgehend von der "Coblenzer Staatsstraße", heute Aachenerstraße, führte damals der sogenannte "Kuhweg" geradewegs auf den Markusberg zu. Nach der ersten Biegung, da wo die Steigung plötzlich beginnt, ist der Weg als "jäher Stieg" (hochdeutsche Schreibweise) bezeichnet.

Der "alte Kuhweg" wurde um 1890 infolge der starken Bautätigkeit (Hornkaserne, Artilleriedepot, Wohnhäuser) zu einer Straße ausgebaut: der Markusstraße. Im letzten Jahrhundert setzte sich schließlich für den steilen Aufstieg hinauf zum Markusberg der "Kuhweg", die alte Bezeichnung der heutigen Markusstraße, durch. Heutzutage wird niemand mehr den "giejen Stich" kennen. [1]

Einordnung
Kategorie:
Geschichte / Ortsname / Ortsgeschichte / Straßennamen
Zeit:
1259
Epoche:
Gotik

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.616895
lat: 49.754695
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Unterm Markusberg

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-West/Pallien

Datenquellen
[1] Albert Bebelaar, Trier, 2022 und Stadtarchiv Trier. Quellen: Stadtarchiv Trier und Trierer Afressbücher: https://www.dilibri.de/search/quick?&query=adressb%C3%BCcher&facets=place%3D%22Trier%22

Bildquellen
Bild 1: © Albert Bebelaar, Trier, 2022.
Bild 2: © Albert Bebelaar, Trier, 2022.
Bild 3: © Albert Bebelaar, Trier, 2022.
Bild 4: Situations-Handriß von 1859. Stadtarchiv Trier.
Bild 5: Aus einem Schreiben der Militärverwaltung von 1889. Stadtarchiv Trier.
Bild 6: Giejen Stich um 1900. Stadtarchiv Trier.

Stand
Letzte Bearbeitung: 10.04.2022
Interne ID: 51635
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=51635
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