Heidenborn

Naturdenkmal Heidenquelle
Trier-West/Pallien, Stadt Trier

Beschreibung
Naturdenkmal Nr.10, Heidenquelle, Balduinstälchen [1]

Heidenborn - Heidebor - Heidenbrünnchen - Heidenquelle
Geschichte, Bedeutung und Umfeld der Quelle im Irrbachtal

Die unscheinbare Quelle im oberen Irrbachtal blickt auf eine beeindruckende Geschichte zurück. Bereits die Bezeichnung Heidebor = Brunnen der Heiden, weist in die vorchristliche Zeit zurück. Die Quelle liegt an einem Abzweig des heutigen Kuhweges, einer vorgeschichtlichen und römischen Fernverbindung. (Echternach-Wintersdorf-Trierweiler-Trier] In der letzten Strecke des steilen Abstiegs von Neubüschhaus (heute Mohrenkopf) ins Tal, führt auf halber Höhe ein Abzweig nach Süden, zum Irrbachtal. Kurz hinter der Abzweigung sammelt sich das, aus Sandsteinschichten sickernde Wasser, zum Heidenborn. Vorstellbar, dass römische Soldaten beim Abstieg über die nahe gelegene Heersstraße, diesen Abzweig genommen haben, um sich mit frischem Wasser zu versorgen.

Der heutige Zustand der Quelle läßt nicht erahnen, dass sie mit weiteren Quellen der Irrbachschlucht, zu der Entstehung eines zentralen keltischen Stammesheiligtum und Versammlungsort der Treverer führte. Das auf der Bergseite der Straße "Irminenwingert" gelegene Kultzentrum war der Quellgöttin Xulsigiae, sowie den keltischen Gottheiten Lenus Mars und Ancamna geweiht. Von den Römern später erweitert und mit einem Kulttheater versehen, wurde die Anlage bis ins 4. Jahrhundert unter Kaiser Gratian genutzt.

Die auf der Informationstafel bei der Quelle abgebildete Rekonstruktionszeichnung vermittelt eine Vorstellung von der Größe und Bedeutung der Anlage. Hingegen können einige Fragmente an der Straße "Irminenwingert" nicht mal ansatzweise Größe und Bedeutung des Lenus - Mars - Tempelbezirkes veranschaulichen. Hier fehlt vor Ort eine erklärende Infotafel, wie sie am Heidenborn steht! Im Rheinischen Landesmuseum zeugen Votivgaben vom Kult um dieses Heiligtum. Dem Wasser der Heidenborn-Quelle sprach man eine heilkräftige Wirkung bei Augenleiden zu. Geriet auch das Heiligtum in Vergessenheit, der Glaube an die Heilkraft des Quellwassers blieb über das Mittelalter bis ins 20.Jahrhundert erhalten. In Erzählungen aus dem 14. Jahrhunder über Kurfürst Balduin (1285-1354) und dem nahe gelegenen "Balduinshäuschen", wurde vom Gebrauch des "schwefelartigen Quellwassers" vom "Heidenbrünnche"“, zur Heilung vom Aussatz berichtet. Auch spielte schon mal ein Salamander eine Rolle, und an Balduins Tod sollte eine Schlange, die sich im Wasserkrug befunden haben soll, Schuld gewesen sein.

Zu unserer unscheinbaren Quelle paßt auch eine ebenso kaum beachtete Besonderheit in der sie umgebenden Flora: das "Kleine Immergrün" (Vinca minor L). Im Rahmen einer Forschungsarbeit wurde hier vor Jahren noch ein besonders großes Vorkommen festgestellt. Durch gut gemeinte "Verschönerungsarbeiten/Waldfegen" im direkten Umfeld der Quelle wurde es verdrängt. Etwas unterhalb, in Richtung Irrbach, hat sich aber rechts vom Weg noch ein größeres Immergrün-Vorkommen erhalten. Das Besondere an diesem "Kleinen Immergrün" ist seine Eigenschaft als "Kulturreliktpflanze" und "Siedlungsanzeiger" aus römischer Zeit. In den untersuchten Gebieten von Eifel, Mittelrhein, Hunsrück und Odenwald kommt es nirgends natürlich vor, sondern stand häufig in Verbindung mit Heilquellen und Kultbezirken - also auch passend zum Trierer Lenus-Mars-Tempelbezirk. Vermutlich wurde Immergrün wegen der ihm zugesprochenen Kraft und kultischen Bedeutung an (Heil-) Quellen angepflanzt um die Quellen vor dem Versiegen zu bewahren. Immergrün wächst heute ebenfalls noch am Mohrenkopfbrunnen.

Mit der Besiedlung des Markusberg-Osthanges um 1850, wurde der "Heidebor" für die Wasserversorgung der Menschen von existentieller Bedeutung, schließlich erfolgte erst 1937 der Anschluß an das städtische Wassernetz. Die Bewohner im Bereich des unteren Markusberges ("Kuhweg") deckten ihren Wasserbedarf am Heidenborn. Das Foto der Katharina Klemann, von Ferdinand E. Laven 1904 am "Heidenborn Brunnen" beim Wasser holen fotografiert, [Bild 1] läßt die Mühen erahnen, die mit der Beschaffung von gutem Wasser verbunden waren. Familie Klemann, seit den 1850er Jahren am Kuhweg ansässig, wohnte zu diesem Zeitpunkt im Haus Markusberg Nr. 185c, (heute: Haus Nr. 7) das in ca. 300 m Entfernung zur Quelle lag. Am Beispiel dieses Hauses 185c läßt sich der Umfang der Wasserbeschaffung verdeutlichen. 1885 sind in diesem Haus sieben Erwachsene erfasst, ohne die damals übliche Kinderschar. Wasserbeschaffung hieß, mittels Tragjoch jeweils zwei Zehnliter-Eimer von der Quelle nach Hause schleppen.

Quellfassung und Umfeld haben sich im Laufe der Zeit entsprechend ihrer Bedeutung verändert. Nachdem sie ab 1937 nicht mehr als Trinkwasserlieferant gebraucht wurde verfiel sie. Matthias Reiland (Reiland´s Mätts), der am Kuhweg zu Hause war, kümmerte sich um viele Belange der Markusberger, so auch um den Heidenborn, dessen Bedeutung ihm noch bewußt war. Stolz posiert er auf einer Aufnahme vor der Quelle. [Bild 2]. Auffallend das erheblich tiefer liegende Gelände-Niveau im Vergleich zu heute. Über eine mögliche Quellfassung zur Mitte des 19. Jahrhunderts. gibt es eine interessante Aussage. In Theodor.von Haupt´s "Panorama von Trier 1861" heißt es : "…die Quelle trefflichen Wassers…ihre Benennung Heidenbrünnchen ein Gemäuer aus zierlich behauenen Kalksteinen, wie am Amphitheater…." (!!!).

In den letzten 50 Jahren wurde immer wieder durch engagierte Menschen die Anlage um den Brunnen verschönert. Die heutige massive Einfassung war 1975 als Wassertretbecken, im Pfarrer Kneippschen Sinne, von Dr. Bibica und Matthias Reiland angelegt worden. Zuletzt im im Sommer 2022 wurde im Rahmen einer Projektwoche der Grundschule Reichertsberg mit den Viertklässlern das Umfeld gesäubert und der sachgemäße Abfluss des Quellwassers wiederhergestellt. Bei dieser Aktion erweckten nicht nur Molch und Feuersalamander Aufmerksamkeit, sondern auch die Tatsache, dass sich selbst der Oberbürgermeister für dieses wichtige Projekt "Heidenborn" interessierte.

Mit dem Wissen um seine Geschichte verdient der "Heidenborn", diese bescheidene Quelle, unsere Beachtung und Wertschätzung. [2]

Einordnung
Kategorie:
Naturobjekte / Quellen /
Zeit:
Undatiert
Epoche:
Undatiert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.610639
lat: 49.752146
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Irminerberg

Internet
https://www.caritas-region-trier.de/hilfe-und-beratung/lebensraeume/stadtteilarbeit/quartiersmanagement-trier-west/quartiersmanagement-trier-west

Datenquellen
[1] LANIS - Landschaftsinformationssysten der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, 2015. http://www.naturschutz.rlp.de/?q=naturdenkmal
[2] Albert Bebelaar in: ÜBERBRÜCKEN 1+2 [2023] https://www.caritas-region-trier.de/hilfe-und-beratung/lebensraeume/stadtteilarbeit/quartiersmanagement-trier-west/quartiersmanagement-trier-west

Bildquellen
Bild 1: Stadtarchv Trier, Fotosammlung Ferdinand Emmerich Laven (1849-1922). Best.Sign.: I 09/01
Bild 2: Sammlung Albert Bebelaar, Trier, 2024.
Bild 3: © Helge Rieder, Konz, 2011.
Bild 4: © Helge Rieder, Konz, 2011.
Bild 5: © Helge Rieder, Konz, 2011.
Bild 6: © Helge Rieder, Konz, 2011.

Stand
Letzte Bearbeitung: 14.03.2024
Interne ID: 5395
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=5395
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