Ehemalige Domherrenkurie Zolvern

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Domfreihof 4 A

Beschreibung
Dompropstei. Ehemalige Domherrenkurie, die unter dem Familiennamen Zolver(n) bekannt ist - eine Adelsfamilie luxemburgischer Herkunft. 1654-56 durch den Kurfürsten und Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen für seinen Bruder Hartard, den Archidiakon von Karden und späteren Mainzer Erzbischof, umgebaut. Nach einem Um- und teilweisen Neubau in den sechziger Jahren des 18. Jahrhundert durch Karl von Dalberg ist die Kurie 1795-98 als Tagungsort des Friedensgerichts überliefert, bevor hier 1803-05 eine Buchdruckerei eingerichtet wurde.

Der in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom an der Ecke Windstraße / Domfreihof angelegte Kurienbering umschließt im Osten ein ausgedehntes Gartengelände und ist im westlichen Bereich unregelmäßig dreiseitig bebaut. Aus einem noch in Resten erhaltenen und deutlich vom Dom abgerückten romanischen Rechteckhaus hervorgegangen, entstand die überkommene Kurienbebauung im wesentlichen in zwei Bauetappen bald nach der Mitte des 17. und des 18. Jahrhundert

In der Art und Anordnung der verschiedenen Einzelgebäude läßt sich das Anwesen ähnlich wie etwa das Euchariushaus Windstraße 2 als bezeichnendes Beispiel einer Kurie als Hofanlage anführen: Charakteristisch das Torhaus als Haupteingang zum Kurienbering, ein sich seitlich anschließendes, in der Regel im Erdgeschoss offenes Wirtschaftsgebäude und das herrschaftliche Wohnhaus auf der Rückseite des Innenhofs. Die bauliche Gesamtanlage, zu der sich Domfreihof 2, Philippskurie, Torbau eine in großem Umfang erhaltene, qualitätvolle Ausstattung des Rokoko gesellt, zählt neben den Anwesen Domfreihof 2, Sieh um Dich 2 und Windstraße 2 zu den am besten bewahrten Kurien der alten Trierer Domimmunität.

Das inschriftlich 1654 datierte Torgebäude stellt aufgrund seiner Innenraumdisposition mit je einem geräumigen Zimmer neben der Durchfahrt ein großzügig angelegtes Beispiel dieser Baugattung im Trierer Dom viertel dar. Der sich als stattliches Wohnhaus präsentierende, zweigeschossige Walmdachbau verputzt und mit nobler barocker Sandsteingliederung. Auffallend ist die Betonung der Mittelachse durch einen Torbogen mit Sprenggiebel und ein steil aufragendes Zwerchhaus, außergewöhnlich deren Gestaltung im sog. Knorpelstil. Für die in der deutschen Architektur schwach vertretene Zeit unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg eine bemerkenswerte Stilprobe (Dehio). Die mit dem Wappen des Bauherren Karl Kaspar von der Leyen dekorierten Fenster sind mit Ausnahme von einem Original auf der Rückseite moderne Kopien. Im Innern des Obergeschosses sind neben der Raumfolge auch die Stuckdecken erhalten. Diese sind Teil einer in den sechziger Jahren des 18. Jahrhundert erfolgten Neuausstattung, die auch den teilweisen Umbau der Remise mit einbezog und im Anschluß an die Fertigstellung des herrschaftlichen Wohngebäudes erfolgte. Das südliche Obergeschoßzimmer mit seiner Rokoko-Ausstattung stellt ein wichtiges Zeugnis der gehobenen Wohnkultur des fortgeschrittenen 18. Jahrhundert dar: Die Wände sind im Sockelbereich mit Bildfeldern geschmückt, es folgen Mittelfelder mit Delfter Kacheln in Stuck-Paneelen und Bildfelder als Supraporten,- ein reich verzierter Eckkamin und eine feine Hohlkehlen-Stuckdecke runden das Bild ab. Das entlang der Windstraße den Kurien-Innenhof nach Süden abschließende, zweigeschossige Nebengebäude war, wie die ehemals freistehenden Steinsäulen auf der Hofseite zeigen, eine im Erdgeschoss offene Remise mit darüberliegenden Bedienstetenwohnungen. Die toskanischen Säulen mit Wappenschilden des Bauherrn Karl Kaspar von der Leyen. Der zusammen mit dem Torhaus entstandene Bau im dritten Viertel des 18. Jahrhundert umgebaut und teilweise zur herrschaftlichen Wohnung hinzugezogen. Das Haupthaus, ein gewinkelter Walmdachbau gegenüber dem Torhaus, übernimmt in seinem nördlichen Bereich die unteren Teile eines heute als zweigeschossiger Keller genutzten romanischen Rechteckhauses. Überblickshart sei auf die Raumdisposition eines zweischiffigen, ursprünglich wohl holzgedeckten Raums mit einer Zwischenwand aus römischem Altmaterial im untersten Geschoß und eines darüberliegenden, etwa gleichgroßen Raums verwiesen, die alle offenbar erst im Barock tonnengewölbt wurden. Auf der nördlichen Seite folgen auf beiden Geschossen weitere Räume, darunter ein quadratischer, deutlich in das obere Geschoß reichender Raum mit einem Kreuzgratgewölbe,- in einem anderen Anraum ist eine abwechselnd aus Sandsteinquadern und römischen Ziegeln gemauerte, frühromanische Pforte erhalten. Bemerkenswert ist auch die mächtige barocke Sandsteintreppe auf der Westseite des dort wegen der Unterfangung des barocken Oberbaus im 18. Jahrhundert erweiterten Kellers.

Der schlichte Außenbau des zweigeschossigen Barockhauses ist verputzt und zeigt meistenteils erneuerte Fenstergewände in unterschiedlichen Achsabständen. Das Portal mit Horizontalverdachung wird von bewegtem Rocaille-Werk der von Löwen-(Kopien) gehaltenen Wappenkartusche derer von Dalberg übergriffen. Die Innenausstattung gehört zu den sowohl in Qualität als auch im bewahrten Umfang bemerkenswertesten Zeugnissen des Rokoko in Trier: Ein großartiges Treppenhaus mit einer dreiseitig umgeführten Podesttreppe und aufwendig geschnitztem Geländer, alte Parkett-Fußböden im Muster von sich durchdringenden Quadraten und Rauten, einige stets aufwendig mit Rokoko-Dekor ausgestattete Kamine und Eckkaminkonsolen, viele zweiflügelige Rokoko-Türen mit alten Beschlägen und schließlich über ein Dutzend Stuckdecken finden sich hier für eine Kurie in seltener Dichte zusammen. Sie stammen möglicherweise von dem Hofstukkateur Michael Eytel.
In der Umfassungsmauer entlang der Windstraße ist besonders auf einen von zwei Vasenaufsätzen flankierten und 1689 bezeichneten Portalsturz hinzuweisen, dessen verwitterte Inschrift im mittleren Aufsatz einen Bewohner der Kurie nennt HUGO EMMERIC AB ELTZ ARCHIDAC MAIOR. [1]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Kurien
Zeit:
1654
Epoche:
Renaissance

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.643597
lat: 49.756675
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 17.1 Stadt Trier - Altstadt. Wernersche Verlagsgesellschaft mbH, Worms. ISBN 3-88462-171-8 (1. Auflage 2001)
[2] Schematische Karte der Domimmunttät um 1800 mit Kurien und der romanischen Dommauer. In: Heinz, Tacke, Weiner: Trier 1512-Heiliger Rock 2010, Imhof-Kulturgeschichte, Petersberg 2011. ISBN 978-3-86568-2


Stand
Letzte Bearbeitung: 11.07.2011
Interne ID: 5503
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