Ehemaliges Gebäude Antoniusstraße 2

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Antoniusstraße 2

Beschreibung
Zeitlich zwischen den beiden genannten Gebäuden (Antoniusstraße 4/5), in den Jahren 1835 und 1836, errichtet Bentz die deutlich qualitätvolleren Häuser Antoniusstraße 2 und 3. Zwar unter einem gemeinsamen Walmdach, haben beide jedoch völlig unterschiedliche Fassaden. Nr. 2 wirkt neben Nr. 4 / 5 wie das noble Wohnhaus eines begüterten Bürgers: Breit gelagert mit sieben Achsen, zwei Geschossen und zentralem Eingang, der durch den darmüberliegenden Balkon betont wird, scheint es ein wenig die barocken Werte zu verteidigen. Simsleiste und umlaufendes Gurtsims jedoch sowie die verdachten Fenster und die hohe Beletage mit pflanzlich ornamentierten Brüstungen sind deutlich Berliner Einfluß.

Die Front des Hauses Nr. 3 hat mit Nr. 2 nur das Dach gemeinsam: Fünfachsig und zweigeschossig ist die Fassade mit sechs kannelierten Kolossalpilastern, die auf Sockel und breitem Gebälk einen flachen Giebel tragen, als vorgeblendete ionische Tempelfront ausgebildet. Die zwischenliegenden Fenster sind scharf in den Putz eingeschnitten. Einzige belebende Elemente sind ein großes Halbkreisfenster im Giebelfeld und ein durch die Pilaster unterbrochenes Gurtsims mit einer Mäanderornamentik.

Es entsteht der Eindruck, daß das palladianische Balken / Stütze-Prinzip der Nr. 4 / 5 und des Hauses in der Fahrstraße hier in ein antikvisierendes Gewand gekleidet ist.

Aus dem Rahmen der Bentzschen Gebäude fällt dieser Bau durch seine fehlende Neigung zum barocken wie zum preußischen Klassizismus vollkommen heraus. Ein gelegentlich vorgenommener Vergleich mit der Berliner Singakademie ist nur vordergründig angemessen.
[...]
Zweigeschossig und siebenachsig mit zentralem Eingang ist es einfach gegliedert und gehört zum Typus der kleineren Stadtvilla.

Ein umlaufendes Gurtgesims sowie im Traufbereich ein Konsolgesims mit schmaler Simsleiste gliedern horizontal, die Fenster sind gerade verdacht, die Beletagefenster überhöht.

Neu sind die seit Beginn der dreißiger Jahre gebräuchlichen ornamentalen Platten an den Fensterbrüstungen, die an Gebäuden aller genannten Gestaltungstypen vorkommen: Frühestes Beispiel ist das Haus Simeonstraße 54 aus der Zeit um 1830.

Der Bentzschen Fassade typologisch verwandt ist diejenige von Schinkels konventionell klassizistischem Palais Prinz Karl am Berliner Wilhelmsplatz aus dem Jahre 1827: Verdachte Fenster, Traufzone sowie Simsgliederung sind direkt vergleichbar.

Erhaltungszustand: nicht erhalten

Hausnummerierung:
1784: 576a
1851: 100

Baumeister: Peter Bentz (Steinmetz, Baumeister, Bauunternehmer und Bauträger beziehungsweise -spekulant)
Geboren: 7.6.1791 in Trier
Gestorben: 30.11.1858 in Trier

Weitere (erhaltene) Bauten: u.a. Neustraße 43, Fleischstraße 39 und Simeonstraße 36 [1]


Die Parzelle wurde zusammen mit sämtlichen Nachbarparzellen in der Antoniustraße im Jahre 1834 von dem Baumeister Peter Bentz ersteigert.

1835 mit Nummer zwei und drei beginnend, wurden alle Grundstücke sukzessive von ihm bebaut. Der zweigeschossige und siebenachsige Bau wurde mit seinem Nachbargebäude Antoniusstraße 3 in einem Guß erbaut; das Walmdach spannt sich über die gesamte Breite beider Gebäude, die das wichtigste klassizistische Ensemble Triers bilden. Die horizontale Gliederung erfolgt durch eine hohe Drempelzone mit auskragendem Konsolgesims sowie einer daruntersitzenden weiteren schmalen Simsleiste, welche der Drempelzone eine feine Betonung gibt. Im Bereich der Erdgeschossdecke finden wir umlaufend ein kräftiges Gurtgesims als Stockwerktrennung.

Die Fenster haben sämtlich profilierte Gewände mit geraden Verdachungen, diese in der Beletage etwas exponierter als im Erdgeschoss; darüber hinaus sind die Brüstungen im Obergeschoß ornamental gearbeitet, darunter glatt verputzt, auch die Fenster sind wesentlich höher. Über dem zentral angeordneten Eingang (schöne zweiflügelige Haustüre mit Oberlicht und kannelierten Säulenschäften) befindet sich als Vordach ein Balkon auf zwei massiven Konsolen, ausgebildet als leicht gerollte Palmblätter. Interessant ist die Kombination von strengen, geometrischen Figuren mit sehr schwungvoller Palmettenornamentik an dem eisernen Brüstungsgeländer des Balkones.

Das Haus gehört zu jenem Typus, den es in dieser Zeit, dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts, in der gesamten Einflußsphäre Berlins gibt; beliebt war die Gliederung durch Simse sowie die Ausbildung einer Drempelzone mit Betonung des Traufgesimses; auch die vertiefte Fuge im Bereich der Brand- beziehungsweise Gebäudetrennwand zur Ausbildung eines sauberen Simsabschlusses bei unterschiedlichen Gebäuden ist preußischer Einfluß.

Das trotz seiner Schlichtheit aufgrund seiner breiten Lagerung sehr elegant wirkende Gebäude ist leider nicht erhalten.

Michael Zimmermann [2]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Bentz, Peter (Steinmetz, Baumeister, Bauunternehmer), Trier (1791-1858)
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Bürgerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Zeit:
1835
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.635844
lat: 49.752522
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.drzimmermann.info/

Datenquellen
[1] Michael Zimmermann: Klassizismus in Trier. Die Stadt und ihre bürgerliche Baukunst zwischen 1768 und 1848. WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, 1997. ISBN 3-88476-280-X
[2] Klassizismus in Trier. Photos aus der Sammlung Prof. Wilhelm Deuser. Katalog des Städtischen Museums Simeonstift Trier zur Ausstellung vom 21.1. bis 6.3.1994. Hrsg. Richard Hüttel und Elisabeth Dühr.

Bildquellen
Bild 1: Prof. Wilhelm Deuser, Sammlung Stadtarchiv Trier.

Stand
Letzte Bearbeitung: 27.07.2022
Interne ID: 8714
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=8714
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