Ehemaliger Viehmarktbrunnen

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Viehmarktplatz

Beschreibung
Am 23.7.1829 wird auf Anordnung des Magistrats der Stadt Trier auf dem zwischen 1810 und 1813 errichteten und ringsherum mit einer doppelten Reihe Akazien bepflanzten Viehmarkt ein von Wolff entworfener Brunnen durch Peter Bentz errichtet. Möglicherweise geschieht dieses aufgrund der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Ausstattung des Platzes. So schreibt 1822 Theodor von Haupt über den Viehmarkt:

Es wäre bei der Einträglichkeit desselben für die Stadt, zu wünschen, daß einiges zu dessen besserer Einrichtung und Anordnung geschähe,

Der acht Meter hohe Brunnen besteht aus einem rechteckigen Sockel von etwa zwei Metern Höhe mit an den Längsseiten eingetieften Becken, die je von zwei ruhenden Löwen flankiert werden. Mittig darauf befindet sich der eigentliche sechs Meter hohe Brunnenstock..

Auf seiner nördlichen und südlichen Schmalseite sind allegorische Darstellungen der Landwirtschaft (Sense) sowie der Schiffahrt und des Weinbaues (Anker, Kette, Ruder, Reben) angebracht; die auf den Ecken befindlichen und in einen Palmettenfries integrierten Widderköpfe sind allegorische Darstellungen von Viehzucht und Handel. Die Längsseiten sind von lünettenartigen Vertiefungen mit palladianischer Ornamentik und einem Blütenmotiv geziert.

Über einem umlaufenden Kymation und darüber befindlichem auskragendem Sims findet sich als oberer Abschluß eine große steinerne Vase. Der recht massiv wirkende Brunnen wird im August 1898 abgerissen.

Typ und Form des Brunnens entspringen dem zur Erbauungszeit üblichen allgemeinen Formenkanon des Empire. Interessanterweise findet sich die blockhafte Grundform, die sich an derjenigen des antiken Grabmales orientiert, in teils nur geringen Modifizierungen und Variationen genutzt zu vielerlei Denkmalzwecken:

Auf der Basis einer Ausschmückung mit römisch-klassischen Empireformen findet sie sich im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Paris als Brunnen. [1]


Im Jahre 1811 wurde der Viehmarkt angelegt. 18 Jahre später, am 23. April 1829, errichtete man ungefähr in der Mitte des Platzes einen Brunnen nach den Plänen des Stadtbaumeisters Johann Georg Wolff.

Der Brunnen war als Viehtränke vorgesehen. Er erhob sich 8 Meter über den Viehmarkt und maß im Fundament 4,71 x 3,39 Meter. Auf einem zweifach abgetreppten Sockel befand sich ein schmuckloser rechteckiger Unterbau, der den kleineren, ebenfalls rechteckigen Brunnenstock trug. Die zwei Brunnenbecken waren an den Langseiten in den Unterbau eingetieft. Sie waren flankiert von zwei ruhenden Löwen. Den Brunnenstock zierten an den Langseiten muschelartige Vertiefungen, die mit einem Strahlenmotiv und abschließendem Rosettenband geschmückt waren. In den Zwickeln befanden sich Lotosmotive. Unterhalb der Nischen floß das Wasser aus gußeisernen Löwenmasken. Auf der südlichen Schmalseite war ein Relief mit Emblemen der Landwirtschaft (Sense,...), auf der Nordseite Embleme des Verkehrs (Anker, Kette, Ruder) dargestellt. Darüber umlief ein schmales Zungenornament den Brunnenstock, das in ein breites Schmuckband mit Blattwerk und Lotos sowie Widderköpfen an den Ecken überleitete. Es folgte ein Perlband, und den oberen Abschluß bildete ein leicht vorkragendes Gesims. Die Spitze des Brunnens bestand in einer mächtigen, breiten Steinvase, deren Henkel von Schlangen umwunden waren.
Ursprünglich war der Brunnen wohl anders geplant: Die Schlangen und Löwen sind als Wasserspeier geschaffen worden, waren aber niemals als solche eingesetzt.

Knapp 70 Jahre alt, war der Brunnen schon baufällig geworden. Als Gründe werden spielende Kinder angegeben, die den Brunnen als Raufplatz nutzten und eines Tages sogar einen steinernen Löwen zu Fall gebracht haben sollen. Zuletzt konnte der Brunnen allerdings auch nicht mehr genutzt werden - die stark angewachsene Bevölkerung (in 100 Jahren von 7000 auf 43000!) brauchte das ganze Wasser. Bevor der Wasserspender dem Verfall preisgegeben war, wurde er lieber abgetragen. Dies geschah am 19. August 1898 durch Maurermeister Pompeius, der mit 310 RM entlohnt wurde.

Von dem Brunnen sind heute zwei Löwen erhalten, die im Schloß Liebig in Kobern-Gondorf Wasser speien. Ein weiterer Löwe verblieb in Trier, ebenso die Widderköpfe und eine der gußeisernen Löwenmasken.

Isabel Weiher [2]
Vagedes am Niederrhein (1829) und Schinkel in Berlin verwenden sie als Grabmalform (1826) Schinkel darüber hinaus auch als Denkmalsockel.

Mit revolutionär reduziertem Grundformenschatz zeigt sich ein Brunnenentwurf des Gillyschülers und -freundes Carl Haller von Hallerstein aus der Zeit um die Wende zum 19. Jahrhundert.

Wolff orientiert sich in der Form wie in der Ornamentik seiner Brunnenanlage an vergleichbaren Empire-Anlagen aus dem ersten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts. Hinsichtlich Wuchtigkeit und Ausgestaltung mit floralem Formengut vergleichbar ist der erwähnte Brunnen von Hygieia und Mars in Paris. Die vegetabilen Formen des Trierer Brunnens sind als Palmettenschmuck direkt vergleichbar mit denjenigen des Hauses Brotstraße 45.

Anmerkung:
Beim Abbruch des Brunnens wurde im Fundament eine Zinkplatte gefunden:

Unter der Regierung Friedrich Wilhelms des III, König von Preußen wurde auf Anforderung des Trierischen Stadtmagistrats zum allgemeinen Besten dieser Brunnen den 23. April 1829 errichtet. Stadt Magistrat. Herr Wilhelm von Haw, Oberbürgermeister. Fr. Anton Kaiser, J. Thanisch, Beigeordnete. Die Herren Stadträte Jac. Lintz, Friedrich v. Nell, Sankt Matthias, Anton Recking, Caspar Schmelzer, Schmitt, Georg Beer, Fr. Damian Boch, Josef Haw, Ludwig Mohr, Ferd. Zeirich, Christoph Medinger, Joh. Bartholomä, Seb. Dany, Alex Rixius, Adalbert Gilquin, Franz Damian Goertz, Martin Leonardi, Nik. Reget, Theodor Rendenbach, Theobald Rosenzweig, Andreas Scheer, Peter Sirker, J. Friedrich Stoil, Josef Gerlinger, Joh. Süß, entworfen und angefertigt durch den Stadtbaumeister Johann Georg Wolff. P. Schmitt, Graveur MDCCCXXIX.

Außer dieser Prägung fand sich ein Taler mit der Prägung Friedrich Wilhelms III. und ein Zehngroschenstück eingemauert (Trierische Zeitung 261 v. 3.9.1898).

Erhaltungszustand: nicht erhalten

Baumeister: Johann Georg Wolff (Kreisbaukonduktor und später Bauinspektor sowie bis 1848 Stadtbaumeister)
Geboren: 7.3.1789 in Trier
Gestorben: 31.8.1861

Weitere (erhaltene) Bauten: u.a. Kasinogebäude am Kornmarkt, Hauptzollamt am Johanniterufer 1-3 und das Königlich Preußische Gefängnis, heute Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum.

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Wolff, Johann Georg (Stadtbaumeister), Trier [1789-1861].
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Brunnen / Kunstobjekte
Zeit:
1829
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.637308
lat: 49.752616
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.drzimmermann.info/

Datenquellen
[1] Michael Zimmermann: Klassizismus in Trier. Die Stadt und ihre bürgerliche Baukunst zwischen 1768 und 1848. WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, 1997. ISBN 3-88476-280-X
[2] Klassizismus in Trier. Photos aus der Sammlung Prof. Wilhelm Deuser. Katalog des Städtischen Museums Simeonstift Trier zur Ausstellung vom 21.1. bis 6.3.1994. Hrsg. Richard Hüttel und Elisabeth Dühr.

Bildquellen
Bild 1: Aufnahme um 1903 von Prof. Wilhelm Deuser, Sammlung Stadtarchiv Trier
Bild 2: Aufnahme um 1829 von Prof. Wilhelm Deuser, Sammlung Stadtarchiv Trier

Stand
Letzte Bearbeitung: 27.07.2022
Interne ID: 8873
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=8873
ObjektURL als Mail versenden