Geplante Erweiterung der Trierer Universität

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier

Beschreibung
Sieben Jahre später, im Jahr 1773, entsteht anläßlich eines vom Kurfürsten anberaumten Wettbewerbs Neurohrs Entwurf für die Erweiterung der Trierer Universität. Sein Abrücken vom Barock, das sich in dem Brohler Kirchlein andeutet, macht Neurohr an seinem Wettbewerbsentwurf noch deutlicher:

Der zweigeschossige und neunachsige Bau orientiert sich in seiner Grundstruktur am barocken Bürgerhaus. Die rundbogigen Fenster des Erdgeschosses und die segmentbogigen des Stockwerks besitzen Umrahmungen mit Rocaille-Kartuschen, die Fassade ist horizontal gegliedert durch ein geschoßtrennendes Gurtgesims.

Unter den vorgelegten Entwürfen ist derjenige Neurohrs der einzige, der auf die konventionelle Fassadensymmetrie verzichtet: Die rechten drei Gebäudeachsen erfahren durch breite Lagerfugenrustizierung eine Ausbildung als Risalit. Dieser hat jedoch durch die Qualität seiner Gestaltung die Wertigkeit eines Mittelrisaliten: Das zentrale Beletagefenster ist flankiert von je einem Pilasterpaar, der Balustradenabschluß wird deutlich akzentuiert durch eine prachtvolle, die Mittelachse betonende Wappenkartusche und seitlich aufstehende Figuren. Diese geschickt betonte, deutliche Asymmetrie des Gebäudes wird unterstrichen durch ein einachsiges Portal auf der Gegenseite.

Anders als seine Mitbewerber verzichtet Neurohr auch auf das barocke Mansardendach und wählt stattdessen ein schlichtes Walmdach, welches trotz seiner recht steilen Ausbildung die Gesamttendenz des Gebäudes unterstreicht.

Baumeister: Baumeister: Johann Anton Neurohr
Geboren: 1735
Gestorben: 1.3.1800 in Trier

Aus Boppard nach Trier gekommen heiratet er hier Anna Christine Pauli, eine Verwandte von J. Peter Pauli, dem Trierer Barockbaumeister. Mit ihr hat er elf Kinder. Über das Leben Neurohrs, der am 1.3.1800 mit 65 Jahren in Trier stirbt, ist nichts bekannt.

Auch die Kenntnis der Bauten Neurohrs ist, verglichen mit derjenigen über Bentz' und Wolffs Gebäude, sehr gering. Aufgewachsen im Spätbarock, ist er dennoch einer der ersten bekannten Baumeister in Trier, die in ihren Bauten im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts klassizistische Prinzipien und Formen aufnehmen.

Das früheste bekannte Werk Neurohrs ist das Sankt Nikolaus-Kirchlein in Brohl aus dem Jahr 1766. Neben der stuckierten Decke mit Illusionsmalerei, die noch in barocker Tradition steht, zeigen die breiten Pilaster, auf denen die ebenso breiten Gurtbögen aufsitzen, an den Kämpferkapitellen mit ihrer aufgemalten geometrischen Ornamentik bereits klassizistische Einflüsse.

Bekanntestes Werk Neurohrs sind seine Turmaufsätze an der Westfassade von Sankt Matthias, die hier zum besseren Verständnis seiner Person ein wenig genauer betrachtet werden sollen, wenngleich sie auch über den Themenkreis dieser Arbeit hinausreichen.

Weiterhin erbaut er den Chor der Kirche von Wadrill 1766, die Wintersakristei Sankt Paulin 1772, Sankt Maternus in Thörnich (mit P. Müller) 1789/90) sowie das Apostelgrab Sankt Matthias. [1]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Neurohr, Johann Anton, Tirol [+30.11.1742].
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Bildungsstätten / Schulen
Zeit:
1773
Epoche:
Barock / Rokoko

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.637273
lat: 49.757774
Lagequalität der Koordinaten: Vermutlich
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.drzimmermann.info/

Datenquellen
[1] Michael Zimmermann: Klassizismus in Trier. Die Stadt und ihre bürgerliche Baukunst zwischen 1768 und 1848. WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, 1997. ISBN 3-88476-280-X

Bildquellen
Bild 1: Landeshauptarchiv Koblenz 702 / 9705

Stand
Letzte Bearbeitung: 14.08.2004
Interne ID: 8882
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=8882
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