Marienkapelle

Ehemalige 1. Station des Fußfallkreuzwegs
Kordel, Gemeinde Kordel Friedhofstraße

Beschreibung
Nach der eingemeißelten Inschrift wurde die Kapelle im Jahre 1678 erbaut. Der Bürgermeister der Gemeinde - der Meier - Mateis Muler war der Betreiber des Baues und bekundet damit, dass der Bau der Kapelle in den Händen der zivilen Gemeinde lag und nicht von der Kirche ausging.

Das Kapellchen steht heute hart an den Schulhof gedrückt und musste, um nicht erdrückt zu erscheinen 1911 bis 1912 circa eineinhalb Meter erhöht werden. Damit allerdings verlor der Bau viel von seinem ausgewogenen stilistischen Verhältnis. Das frühere Kapellchen stand strohgedeckt draußen vor dem Dorf und wurde Ausgangspunkt des Kreuzwegs auf den Vogelskopf.

In den Grundformen ist die Kapelle noch mit den geraden Renaissance-Linien verhaftet. Doch soeben beginnen kraftvolle, frühbarocke Rundungen die Renaissance-Grundform zu verändern. Die Ecken des breiten Türsturzes sind nach innen halbkreisförmig vorgezogen. Die ganze breite Öffnung ist mit breiter Kehlung versehen. Die Bodenfläche im Innern mißt nur ein paar Quadratmeter. Die Rückwand beherrscht eine Nische mit einem Vesperbild. [1]

Giebelständige Kapelle des 17. Jahrhunderts am alten Ortsende; nach der Errichtung der zweiten Schule 1899/1900 in die Umfassungsmauer des im Hangbereich terrassierten Schulhofes integriert und 1912/13 erhöht.

Am Sturz die Bauinschrift MATE1S MVLER ZVR ZEIT MAYER HAT DIESE CAPEL ZVR EHREN GOTTES LASSEN AVFRICHTEN 1678. Im Innern an der Stirnseite rundbogige Nische, darin Vesperbild des 17. Jahrhundert, 1982 renoviert. Das Zeugnis für die Bauform einer Andachtskapelle des 17. Jahrhundert war Ausgangspunkt eines wahrscheinlich gleichzeitig errichteten Stationenweges der sieben Fußfälle. [2]

Vom Kreuzweg der Sieben Fußfälle.
Die Anregung, den Leidensweg Christi in ihrer Heimat als besondere Andachtsform nachzugehen und zu verbreiten, geht vom Erlebnis der Kreuzfahrer und von frommen Pilgern aus, welche die heiligen Stätten im Heiligen Land besucht haben.

Schon früh begegnen wir bildlichen Darstellungen einzelner Szenen der Leidensgeschichte, wie dem dornengekrönten "Schmerzensmann", dem "Kreuzschlepper", Christus am Kreuze, dem Vesperbild der Schmerzensmutter oder dem Heiligen Grab. Es fehlt lange an einer logischen Aneinanderreihung zu einem Kreuzweg, zumal die Bibel nur spärlich den Leidensweg Christi in seine Phasen aufgliedert. Im 15. Jahrhundert jedoch begegnet man schon einer Zusammenstellung von Leidensszenen zu sieben Stationen, so genannt, weil der Beter bei ihnen halt machte. Dabei ist die Zahl Sieben nur eine willkürliche, angelehnt an die mystische Siebenzahl der Bibel oder an die sieben Kirchen von Rom. Der Weg mit den sieben Stationen ist zu Beginn des 16. Jahrhunderts schon über ganz Deutschland verbreitet. Man gab diesem Kreuzweg den Namen "Sieben Fußfälle", weil man wohl im Besonderen der Fälle Jesus unter der schweren Kreuzeslast gedachte und auch der fromme Beter fiel dabei in die Knie.

Die Stationen der Sieben Fußfälle:
1.Station: die Ölbergszene, 2.Station: die VeRuhrteilung, 3.Station: die Geißelung, 4.Station: die Dornenkrönung, 5.Station: Jesus und Barnabas, 6.Station: Simon von Cyrene und das Schweißtuch, 7.Station: die Sterbeszene am Kreuz.

Zum Vergleich die heutige Passion:
1.Station: Jesus wird zum Tode VeRuhrteilt, 2.Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern, 3.Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz, 4.Station: Jesus begegnet seiner Mutter, 5.Station: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen, 6.Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch, 7.Station: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz, 8.Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen, 9.Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz, 10.Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt, 11.Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt, 12.Station: Jesus stirbt am Kreuz, 13.Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt, 14.Station: Der heilige Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt.

Beim tieferen Eindringen in die Passionsgeschichte spielte die fromme Phantasie das Geschehen auf und man fand immer mehr bemerkenswerte Szenen. So kam es schon bald, dass da und dort sieben Stationen nicht mehr genügten. Ja es gab schließlich Kreuzwege mit mehr als 30 Stationen. Um ein Anwachsen der Stationszahl nicht ins Uferlose gleiten zu lassen, erließ die Kirche unter Papst Clemens dem XII. im Jahr 1731 eine Bestimmung, nach der die Zahl der Kreuzwegstationen auf 14 zu begrenzen und festzulegen war. Wenig später, 1742 wurde es gestattet in allen Kirchen, Kapellen und Spitälern einen Kreuzweg aufstellen zu dürfen.

Noch heute kann man vieler Orts Kreuzwege mit Bildnissen einzelner Passionsszenen bewundern, die die besten Künstler, oft von aufwendiger Art und hohem künstlerischen Wert, geschaffen haben. Aber es gibt auch Kreuzwege in ländlichen Orten mit einfachen Stein- und Holzkreuzen, so wie hier in Kordel. [3]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Kapellen
Zeit:
1678
Epoche:
Renaissance

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.636772
lat: 49.841320
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
https://www.pg-welschbillig.de/

Datenquellen
[1] Anton Obser: Kordel. Geschichte der Kylltalgemeinde. Hrsg. Ortsgemeinde Kordel 1982
[2] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 12.2 Kreis Trier-Saarburg.
[3] Gerhard Reis, Kordel, 2011

Bildquellen
Bild 1: A. Obser: Kordel. Geschichte der Kylltalgemeinde. Hrsg. Ortsgemeinde Kordel 1982
Bild 2: A. Obser: Kordel. Geschichte der Kylltalgemeinde. Hrsg. Ortsgemeinde Kordel 1982
Bild 3: © Mona Idems, Kordel, 2005.
Bild 4: Unbekannt
Bild 5: © Mona Idems, Kordel, 2005.
Bild 6: © Mona Idems, Kordel, 2005.

Stand
Letzte Bearbeitung: 25.11.2021
Interne ID: 9871
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=9871
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